- "Mentalitatsgeschichtliche Involution" in Der "Krise Des Spatmittelalters"?
von Christoph Heckl
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Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Romanistik - Hispanistik, Note: 1,0, Universität zu Köln (Romanisches Seminar), Veranstaltung: Literarische Gattungen des spanischen Mittelalters, Sprache: Deutsch, Abstract: In der vorliegenden Arbeit wird es nicht darum gehen, eines oder mehrere Exempel aus dem ¿Libro de los enxiemplos del Conde Lucanor et de Patroniö zu analysieren. Die Forschung zu den einzelnen Exempla ist Legion. Stattdessen soll jenes ¿Werk der Weltliteratur¿ des kastilischen Hochadeligen don Juan Manuel, das nach José Manuel Blecua dessen ¿obra mas importante¿ darstellt, unter einer anderen Fragestellung gelesen werden. Denn die Literaturwissenschaft ist, was die Beurteilung dieses opus des Neffen Alfons X. anlangt, verblüffend zwiegespalten. Weite Teile der Forschung sehen in der Sammlung typisch ¿mittelalterliche¿, ja nachgerade rückwärtsgewandte Elemente verwirklicht. Der Conde Lucanor wird in dieser Perspektive vor der Folie der ¿kastilischen Krise¿ in den letzten Regierungsjahren Alfons des Weisen gelesen: Der Kollaps der königlichen Herrschaft habe im Verlauf weniger Jahre den ¿Horizont des ¿dunklen Spätmittelalters¿¿ heraufziehen lassen. Verglichen mit dem Corpus Alfonsinum erscheint Gumbrecht der Conde Lucanor als ¿ein Symptom mentalitätsgeschichtlicher Involution¿. Ich habe mich ob der vergleichsweise harschen Wortwahl dazu angeregt gesehen, die Argumentation Gumbrechts näher in den Blick zu nehmen.Ausgehend von dessen Bewertung wird daher in dieser Arbeit zunächst der entstehungsgeschichtliche Hintergrund, wie ihn Gumbrecht entwirft, untersucht werden. Es stellt sich die Frage, inwieweit das Paradigma eines krisenhaften und ¿dunklen¿ 14. Jahrhunderts gerechtfertigt ist; denn von einer solchen Auffassung scheint Gumbrechts Bewertung des Conde Lucanor sowie weiterer, im Umfeld des kastilischen Königshofes in manuelinischer Zeit entstandener Literatur maßgeblich abhängig zu sein. Anschließend wird ein weiteres omnipräsentes Forschungsparadigma problematisiert, wonach der Conde Lucanor ein dezidiert didaktischer Text sei und keinerlei Ambiguität aufweise. Unter Rückgriff auf neuere Forschungsliteratur wird argumentiert werden, dass der Text nicht nur nicht ausschließlich didaktisch ist, sondern das ¿ möglicherweise an der Intention des Autors vorbei laufende ¿ Potential auf alternative Lektüren bietet. Darüber hinaus sollen einige Aspekte in den Vordergrund gerückt werden, die durchaus modern und nicht ¿typisch mittelalterlich¿ oder gar rückwärtsgewandt anmuten: so etwa die Rolle, die der Text dem Leser zuweist, das Selbstverständnis Juan Manuels als Autor und die iim Text greifbare Neubewertung menschlichen Erfahrungswissens.