von Eberhard Weber
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Doktorarbeit / Dissertation aus dem Jahr 1995 im Fachbereich Geowissenschaften / Geographie - Bevölkerungsgeographie, Stadt- u. Raumplanung, Note: magna cum laude (1,5), Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Institute für Kulturgeographie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Feldforschung zu der vorliegenden Arbeit fiel in eine Zeit, in der sich Indien in einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise befand. Eine für indische Verhältnisse sehr hohe Inflationsrate, vor allem für Grundnahrungsmittel, bestimmte die 18 Monate, in denen der Autor seine Befragungen in einer Fischersiedlung in der südindischen Metropole Madras durchführte. Die Arbeit beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie die Nahrungsmittelpreise stark in die Höhe schnellen konnten, obwohl - die Zeitungen berichteten ständig darüber - die Nahrungsmittelproduktion Indiens so hoch war wie nie zuvor. Sie versucht, diese Problematiken aus der Perspektive der Politischen Ökonomie zu beleuchten, d.h. mit Blick auf die in der indischen Gesellschaft bestehenden Machtstrukturen, die auch exogen beeinflußt werden. Sie beschäftigt sich in diesem Sinne mit Verflechtungen und Zusammenhängen zwischen Armut und Reichtum auf unterschiedlichen Ebenen.Indien erlebt gegenwärtig den schwerwiegendsten wirtschaftlichen Transformationsprozeß seit seiner Unabhängigkeit. Liberalisierung, Exportorientierung und Globalisierung - das sind die Schlagworte, die die wirtschaftliche Elite des Landes auf ihre Fahnen geschrieben hat. Ausländische Unternehmen sehen in der 300 Millionen Menschen umfaßenden Mittelschicht einen Markt der Zukunft. Sechs Jahre nach Beginn der von IWF und Weltbank unterstützten Strukturanpassungspolitik, sind die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Probleme des Landes nicht geringer geworden. Alleine zwischen 1990 und 1992 hat sich nach Angaben der staatlichen Statistikbehörde der Anteil der unter der Armutsgrenze lebenden Inderinnen und Inder von 35,5 auf 40,7 Prozent erhöht.Hinter diesen fünf Prozentpunkten verbergen sich 57 Millionen Menschen. Die Congress-Partei, die nach ihrem Wahlsieg im Juni 1991 mit der Liberalisierung der Wirtschaft begonnen hatte, sieht sich politisch immer mehr in die Defensive gedrängt, da der von ihr versprochene wirtschaftliche und soziale Gesundungsprozeß bislang ausgeblieben ist. In mehreren Wahlen zu Länderparlamenten konnten sich inzwischen Parteien durchsetzen, die mit populistischen Maßnahmen - wie z.B. mit der starken Subventionierung von Grundnahrungsmitteln - die von vielen Wählerinnen und Wählern empfundenen Defizite in der Politik erfolgreich ansprachen. Nicht erst da wurde deutlich, daß Nahrung eine politische Dimension aufweist. Ungenügende Nahrungsversorgung kann zum Sturz von Regierungen führen.