von Ludwig Borne
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Wir gemeinen deutschen Bürgersleute, die wir in unserer Jugend keine französischen Gouvernanten gehabt, ob zwar Gouverneurs genug, benutzen gern den Aufenthalt in Frankreich, uns in der französischen Sprache zu vervollkommnen. Wir erfahren aber bald, daß es damit schwer geht und sehr langsam; was Hänschen nicht lernt, holt Hans nicht nach. Bleibt ein deutscher Welt- oder Geschäftsmann ein Jahr oder auch längere Zeit in Paris, dann lernt er zwar mehrere Variationen über sein altes bon jour sprechen, doch das ist alles. Hat aber ein Deutscher das Unglück, von der gelehrten Klasse zu sein, und die Eitelkeit, sich als Mann von Verstand zeigen zu wollen, dann geht es ihm noch schlimmer. Diese Eitelkeit aber wird in Paris leicht rege gemacht. Die Franzosen haben vor einem deutschen Gelehrten einen ungeheuern Respekt, einen größern, als sie vor einer Encyklopädie in hundert Foliobänden haben, denn sie schätzen ihn zweihundert Bände stark. Kommt es aber zur Anwendung, zum Reden, Schreiben, zur künstlerischen Darstellung, zum Gespräche, dann lachen sie ihn aus, und wenn sie dem Gelehrten nicht sagen: Du bist ein Vieh! so unterlassen sie es bloß aus Artigkeit, aber sie denken es gewiß. Nun wird der deutsche Gelehrte hitzig, und er will zeigen, daß etwas in ihm steckt.