Bücher von Manfred Stutz

Traum und Wirklichkeit werden allgemein als verschiedenen Welten zugehörig, gar als eins das andere aufhebender Widerspruch angesehen. Träume sind Schäume, sagt der Volksmund und will damit ausdrücken, daß der Traum etwas Unwirkliches ist, eben etwas, das nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat.Doch ist das so?Gewiß nicht. Im Gegenteil - dürfen wir nicht den Traum als eine Art "höhere" Wirklichkeit verstehen? Als die unmittelbare, authentische, reinere, aus tieferen Seinsschichten stammende Entäußerung menschlicher Selbsterfahrung, die er ist?Ja, der Traum als die eigentliche Wahrheit von und über uns. Er erlaubt kein Augenverschließen und keinen Selbstbetrug. Er enthält nichts so gewolltes und nichts Affektiertes. Er ist ungekünstelt. Er sagt, wer wir sind - so wir es wissen wollen und uns zu träumen erlauben.

In Märchen, egal, vom wem oder was sie handeln, ob von einem Fuchs, einem Mülleimer oder einer Taube, geht es eigentlich immer um die Menschen.Ja, Märchen sind wie ein Zauberspiegel, in den man hineinsieht und worin man Zauberwesen in vielerlei Gestalt beobachten kann. Und so interessant diese Wesen selbst auch sind, der Spiegel ist vor allem darum ein Zauberspiegel, weil wir in ihm sehen, wie Menschen, ganz ohne sich verstellen zu können, tatsächlich sind: gut oder böse, stark oder schwach, schön oder häßlich (und das meint nicht nur ihr Aussehen, nicht wahr?), unschuldig oder verworfen, verständig oder töricht, liebevoll oder gleichgültig, fürsorglich oder verletzend, entsagend oder begehrlich, großzügig oder eigensüchtig, demütig oder stolz - und vieles andere noch.In den Märchen dieses Buches ist das jedenfalls so.