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Bücher der Reihe Fröhliche Wissenschaft

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  • von Gunther Vogt
    15,00 €

    Das Urbild des Gartens ist das Paradies, das durch hohe Mauern von einer unwirtlicheren Welt getrennt war. Die heutigen »Paradiese« sind Saatgutbunker in Spitzbergen oder gigantische künstliche Welten zur optimierten Produktion von Lebensmitteln. Schon immer waren Gärten aber Orte des Übergangs und der Durchlässigkeit, an denen sich migrierende Pflanzen und historische Schichten, Stadt und Land, Stillstand und Bewegung begegneten. Günther Vogt, einer der einflussreichsten Landschaftsarchitekten der Gegenwart, betrachtet gemeinsam mit Violeta Burckhardt Gegenden, Gärten und künstliche Paradiese zwischen Rom und Tschernobyl, Polen und dem Tessin, Zürich und Hamburg und stößt zuletzt auf den Grund des arktischen Ozeans, wo sich territoriale Abgrenzung und digitale Weltvernetzung spannungsvoll überlagern.

  • von Birgit Recki
    10,00 €

    In der Technik kulminiert die Frage nach der Differenz von Natur und Kultur. Zwei mächtige Denkmodelle suchen sie zu beantworten: Prometheus brachte dem Mängelwesen Mensch das Feuer, mit dem er Freiheit gegenüber einer stiefmütterlichen Natur gewann. Rousseau setzte dem entgegen, dass erst Kultur und Technik den Menschen auf die abschüssige Bahn einer zunehmenden Naturferne brachten. Wie ließe sich heute Technik als Teil einer dynamischen Natur verstehen, die den Menschen umfasst? Ausgehend von Immanuel Kant zeigt Birgit Recki, wie eine spekulative Naturphilosophie aussehen könnte, bei der die Natur als rationale Instanz die Freiheit des Homo Faber hervorbringt. Ihr Plädoyer für eine Technik, die sich als Kunst versteht, zielt auf die Überwindung der ontologischen Dualität zwischen Natur und Kultur: »Wir werden anders in die Natur hinein handeln, wenn wir sie als zweckmäßig denken.«

  • von Martin Burckhardt
    14,00 €

    Martin Burckhardts Essay Going Viral! schließt an den zusammen mit Dirk Höfer verfassten programmatischen Versuch an, die Urformel aller Digitalität, das Boole'sche x = xn, als Triebwerk der neuen Ordnung der Dinge zu deuten. War Alles und Nichts eine Meditation über die symbolische Viralität, geht Burckhardt nun einen Schritt weiter und postuliert ein durch die Pandemie ausgelöstes Ende des postmodernen Phantasmas, mitten in den Abgrund der Geschichte hinein. Wenn Wittgenstein einmal gesagt hat »Die Welt ist, was der Fall ist«, lässt sich der Sturz als Zusammenstoß mit dem Realitätsprinzip deuten. Oder genauer: als Einsicht, dass die überkommenen Sprach- und Gesellschaftsspiele nicht mehr zu tragen vermögen. Als blinder Passagier der globalen Warenketten und Reisebewegungen erweist sich die Pandemie als böser Zwilling der Netzwerkgesellschaft, die mit ihrem Ruf des Going Viral! die industriellen Gesellschaften grundstürzend verändert hat, der nun aus seinem Untergrund auftaucht. Als Behemoth? Oder nicht doch: als fremdes Porträt unserer selbst?

  • von Ulrich van Loyen
    15,00 €

    Weit bekannt ist die Anekdote, dass die Mafiadarsteller aus den Hollywoodfilmen ihre realen Vorbilder dahingehend beeinflusst haben, die Waffen schräg und nicht gerade zu halten. Und der Erfolg von Roberto Savianos Büchern über die Gomorrha und die Kinderclans zeugt von einem weit über Italien hinausreichenden Interesse der bürgerlichen Gesellschaft an der Struktur und den Geschichten des organisierten Verbrechens. Aber wie viel Mafia erzählt die Literatur und wie viel Literatur steckt in der Mafia? Diese auf ethnologischer Feldarbeit und literarurwissenschaftlicher Theorie gründende Reflexion liest die Werke der Briganten-Literatur, erzählt von den Paten, die ihre eigene Geschichte in Versform verfassen. Mafiakultur ist ein Sammelbegriff, der von einem Zusammenschluss außerhalb des Staates und abseits der Wohlhabenden handelt, von einer revolutionären Kraft, die auf konservativen Werten fußt: Familie, Liebe, Ehre und Rache, wo sie eben geboten ist. Es ist die Möglichkeit, die eigenen Verhältnisse zumindest in der Vorstellung zu überwinden und Teil einer Geschichte zu werden, deren Fortschreibung eng mit der Literatur über sie verbunden ist.

  • von Daniel Illger
    16,00 €

    Wenn ich tot bin, bin ich nicht mehr da. Der Gedanke, so grausam wie aufregend, löst einen Schwindel aus, denn er berührt die Unmöglichkeit, den eigenen Tod zu fassen. Daniel Illger erkennt in diesem Schwindel das Anliegen einer »weird fiction«, als deren wichtigster Autor H. P. Lovecraft gilt. Illger identifiziert die kosmische Angst als eine ästhetische Erfahrung, die aus der Auflösung der grundlegenden Koordinaten unserer Existenz den größten Horror, aber auch ein berauschendes Gefühl der Befreiung zieht. Die kosmische Angst gestaltet das Phantasma der Ich-Auflösung als ein unablässiges Hinabstürzen in unauslotbare Tiefen. In ihr erkennt Illger die Angst unserer Zeit. Ihr Grauen gründet einerseits in der wissenschaftlich plausibilisierten Diagnose, dass das Universum ein sinn- und seelenloser Ort ist, andererseits aber in dem Abgrund der Transzendenz selbst. Bezogen auf die Krisendiagnosen der Gegenwart lässt sich das Projekt einer Kunst, die im Zeichen kosmischer Angst steht, dann als Versuch begreifen, das Ich in der Spannung zwischen Angst vor und Lust an der eigenen Auflösung zu verorten.

  • von Kai Marchal
    16,00 €

    »Weisheit« ist ein Begriff, mit dem die westliche Philosophie heute wenig anfangen kann, und doch waren es die Gründerväter auch der westlichen Philosophie, allen voran Sokrates, die sich mit der »Weisheit« beschäftigt haben. Immer geht es ihnen darum, das Leben zu ändern und dem Getriebe unserer Welt, die wir heute als kapitalistisch bezeichnen, zu entkommen. Michael Hampe und Kai Marchal unternehmen nun zusammen mit anderen Wissenschaftler:innen und Poet:innen den höchst anregenden und durchaus vergnüglichen Versuch, Konzepte von Weisheit - seien sie theoretisch, narrativ, poetisch, kontemplativ oder meditativ - näher zu bestimmen und zu vermitteln - in der Überzeugung, dass die allgemeine und sich stetig vertiefende Kenntnis der Lebenslehren der unterschiedlichen Kulturkreise nicht nur akademisch eine dringende Aufgabe darstellt, sondern auch für ein mögliches, globalisiertes, friedliches, gedeihliches und auf Dauer fortsetzbares Alltagsleben von Bedeutung ist.Mit Beiträgen von Michael Krüger, Gert Scobel, Daniel Strassberg, Christian Unverzagt, Kai Marchal, Michael Hampe, Elisa Duca und Andreas Walther

  • von Marie Rotkopf
    15,00 €

    Eine Schriftstellerin und ein Philosoph tun sich zusammen, um sich zu fetzen? Der vorliegende Text jedenfalls ist ein Gewebe aus Sprachfetzen, die auf verschiedenen Ebenen miteinander kommunizieren. Motive wie Macht, Gewalt, Sex, Liebe, Angst, Schmerz spiegeln sich in einem Satz des Psychoanalytikers Jacques Lacan: »Jede wahre Liebe mündet auf den Hass.« Es sind Geschichten von Paaren, die zusammen gehören wie Greta Thunberg und Pierre Casiraghi, Carolin Emcke und die CIA, Jacques Derrida und Marguerite Duras. Schlussendlich machen sich Rotkopf und Steinweg an die Dekonstruktion der French Theory. Sie weigern sich, in dieser faszinieren- den, so offenen wie entschiedenen Komposition sich verschränkender Aphorismen, Gedanken und Gedichte die unversöhnlichen und widersprüchlichen Anteile von Wirklichkeit auszuschließen. So aktivieren sie den Entschleierungsprozess des poetischen wie philosophischen Denkens, um festzustellen, dass der Schleier oft nichts verbirgt, weshalb die Philosophie der Entschleierung feststellt: Die Masken haben ihre Brauchbarkeit verloren. Die Masken sind gefallen.

  • von Peter Trawny
    14,00 €

    Zu glauben, der europäische Diskurs könne den Nationalsozialismus wie ein Objekt auf Distanz halten, ist im besten Fall eine naive Hypothese, im schlimmsten Fall aber ein politischer Fehler. Man tut dann so, als hätte der Nationalsozialismus mit dem Rest von Europa, mit den anderen Philosophen, mit anderen politischen und religiösen Sprachen keinen Kontakt gehabt, betont Jacques Derrida in einem Gespräch mit Didier Eribon. Und doch haben Philosophinnen und Philosophen seit dem Zweiten Weltkrieg bis heute die wichtigsten Selbstdarstellungen des Nationalsozialismus ignoriert. Adolf Hitlers »Mein Kampf« gilt noch immer als ein Buch, das einer philosophischen Auseinandersetzung nicht würdig ist. Diese Haltung wirft ein Licht auf die Philosophie selbst. Findet sie in »Mein Kampf« womöglich zu viel von sich selbst? Und was ist es genau, was sie dort findet? Trawnys Lektüre von Hitlers Buch geht der Möglichkeit einer Kontinuität von Philosophie und Nationalsozialismus nicht aus dem Weg. Es ist die Begegnung mit einem Hass, der uns allein schon deshalb bedroht, weil er einmal die Macht ergriffen und das Leben der Gesellschaft beherrscht hat. Es gibt keinen Grund zu meinen, der Hass wäre vergangen.

  • von Norbert Bolz
    15,00 €

    Ist Politik moralisch? Keinesfalls, meint Norbert Bolz. Sie ist vielleicht ideologisch, Kampfplatz widerstreitender Interessen - aber gut und schlecht sind hier keine Tatsachen, sondern bestenfalls Verhandlungssache. In seinem neuen Essay fordert der streitbare Philosoph und Medienwissenschaftler daher die Emanzipation der Politik von der Moral und stellt sich damit in die Tradition der Staatsräson von Machiavelli bis Max Weber. Bolz kritisiert die Rhetorik von Protestbewegungen und NGOs, deren Waffe die Emotionalisierung und Moralisierung politischer Fragestellungen ist und deren Verachtung der Realpolitik gilt. Die Politisierung aller Lebensbereiche und die damit einhergehende Moralisierung aller Politik führt zur Entdifferenzierung unserer gesellschaftlichen Verhältnisse. Mit Blick auf die (Theorie-)Geschichte unserer westlichen Demokratien von Aristoteles über Machiavelli und Hobbes bis Rousseau und Schmitt zeichnet Bolz die Entwicklung des Verhältnisses von Politik und Moral nach. Der Autor knüpft damit an seinen Essay »Die Avantgarde der Angst« an und gibt seinen dortigen Überlegungen einen theoretischen Überbau.

  • von Matthias Wittmann
    15,00 €

    Der skelettlose Krake ist ein Virtuose der Veruneindeutigung, Sand im Getriebe einer Verwaltung, die keine Ambiguität duldet. Seine Absonderlichkeit macht den Kraken als unaufhörliche Abweichung - auch von sich selbst - unberechenbar. Die Figur des Tentakels dient in diesem außergewöhnlichen Essay sowohl der Analyse und Kritik des Bestehenden als auch dem Gegenentwurf eines Noch-Nicht. Im sich entspinnenden Dialog zwischen den Krakengestalten in Zoologie und Mythologie, Medien und Kulturtheorie, Phänomenologie und politischer Philosophie sowie Film-, Literatur- und Kunstgeschichte kommt es zu überraschenden Wendungen, aus deren Zugriff sich der Krake immer wieder entwindet, um Formen eines epistemischen Ungehorsams durchzuspielen, die schließlich bei einem neuen Gesellschaftsvertrag ankommen, basierend auf der Anerkennung von Schutzlosigkeit und Verletzlichkeit. Matthias Wittmann beleuchtet blinde Flecken unserer Gesellschaft und etabliert mit dem Kraken eine Gestalt unserer krisenhaften Gegenwart sowie eine Figur der Störung menschlicher Wissensordnungen.

  • von Fynn Ole Engler
    14,00 €

  • von Agnese Grieco
    14,00 €

    Verliebtsein als philosophischer Zustand, Eros als anthropologischer Code innerhalb, aber auch jenseits der Genderspaltung: Davon handelt der Mythos von Phädra, der Heldin der Liebe, Ehebrecherin, Mörderin und Selbstmörderin. Geboren im Griechenland der Antike, ist diese Dark Lady im Theater der Welt zu Hause. Weder eine schmachtende, reife Frau, die der Schönheit des Stiefsohnes verfallen ist, noch sublime Sünderin, sondern eine gefährlich sprechende Figur. Agnese Grieco dekolonisiert diesen Klassiker, der Misogynie und Patriarchat, aber auch Begehren, Sehnsucht nach Gemeinsamkeit und Sinn für Gerechtigkeit vereint. Den altgriechischen Text des Euripides, dem Vater der Phädra, liest die Philosophin und Dramatikerin als Zeugnis und provozierendes Manifest gegen den allgegenwärtigen Fetisch der Identität. Auf der Bühne bricht Phädra das Schweigen, als weibliche/männliche Stimme debattiert sie stolz und verwundet mit Platon, Sokrates und den Sophisten. Diese paradoxe Verfechterin des Logos blickt uns direkt in die Augen und fragt: Wo stehen wir, was haben wir aus der Erfahrung der Liebe gelernt? Was haben wir mit dem Eros gemacht?

  • von Manfred Geier
    14,00 €

    War Immanuel Kant, Schlüsselfigur der europäischen Aufklärung, ein Rassist? Sind die großen kantianischen Werte - wissenschaftliche Objektivität, moralische Autonomie, vernunftbezogene Religiosität, Freiheit und pazifistischer Kosmopolitismus - nur Masken, hinter denen sich eine eurozentrisch reduzierte Weltanschauung verbirgt, die mit globalem Herrschaftsanspruch auftritt?Manfred Geier will Kant und sein Werk von dieser Anklage nicht pauschal freisprechen. Vielmehr versucht er, Kants rassistische Äußerungen in ihren historischen Zusammenhang zu stellen, und zeichnet nach, um was es in den damaligen Debatten ging, was wir heute aus ihnen lernen können, was es zu kritisieren und was es zu verteidigen gilt.

  • von Madame Nielsen
    12,00 €

  • von Helwig Schmidt-Glintzer
    14,00 €

    Die Kommunistische Partei Chinas ist heute die einzige verbliebene Kommunistische Partei von Weltrang. Doch die von ihr auf Gedeih und Verderb verfolgte Modernisierung des Landes ist dabei nur als Teil eines chinesischen Elitenkonzeptes zu verstehen. Obwohl das Konzept seine Wurzeln in der Antike hat, formierte sich das Selbstverständnis dieser Edlen, welches seit jeher mit der Einsatzbereitschaft des Ochsen in Zusammenhang gebracht wird, im Zuge der Suche nach einem neuen China vor etwa 100 Jahren neu. Nach Phasen radikaler Abkehr von allen Traditionen gibt es zuletzt eine Neubesinnung auf bewährte Muster und vertraute Umgangsformen. Trotz etlicher Irrwege haben die Partei und die sie tragenden Eliten eine beispiellose wirtschaftliche Entwicklung vorangetrieben und China zur Weltmacht gemacht. In seinem fulminanten Essay lotet Helwig Schmidt-Glintzer aus, auf welchem moralischen Fundament und mit welchem Wertekompass die Partei dieses Vielvölkerreichs in eine Moderne ohne Vorbild führt. Die Lösung unserer globalen Krisen wird nicht zuletzt mithilfe Chinas erfolgen müssen. Der Edle und der Ochse ist eine unverzichtbare Lektüre für unser Verständnis des chinesischen Modernitätsmodell.

  • von Maja Göpel
    12,00 €

    Der Dialog zweier aufregender Denkerinnen unserer Zeit zelebriert das Zuhören und das Nachfragen, die Vergemeinschaft­ung von Wissen, ohne Differenzen aufzugeben, um andere Formen des Wirtschaft­ens und der Lebensgrundlage in den Blick zu nehmen: Versorgung statt Phantombesitz, AuÍbruch statt Apokalypse, Regenerieren statt Erschöpfen.Wie lässt sich Ökonomie anders denken als im Wachstumsparadigma, welchen Umgang mit Ressourcen sollten wir pflegen, um ökologischer und sozialer Erschöpfung entgegenzuwirken, und ist es möglich, dass Gesellschaften tatsächlich mehr Reichtum, Wohlstand und Wohlbefinden für alle erzeugen können, wenn sie nicht mehr an Profit orientiert sind? - Diesen Fragenstellen sich die Politökonomin Maja Göpel und die Philosophin Eva von Redecker, beleuchten sie aus ihren jeweiligen Disziplinen und gehen dabei debattierend aufeinander zu, um gemeinsam mögliche Wege aus der Vielfachkrise der Gegenwart aufzuzeigen.

  • von Hannah Arendt
    12,00 €

    Die politische Dimension der Freundschaft entfaltet Hannah Arendt in ihren klassisch gewordenen »Gedanken zu Lessing«, die das gemeinsame Interesse an der Welt betonen. Denn die geschlossene Welt der »Brüderlichkeit«, in die »Erniedrigte und Beleidigte« sich ehemals zurückziehen konnten, ist in »finsteren Zeiten« zerstört worden, der Rückzug ins Private gescheitert und das Vergangene nicht zu bewältigen. Hannah Arendt setzt diesen verlorengegangenen Möglichkeiten eine Vision der Freundschaft entgegen, deren politische Leidenschaft vom gemeinsamen Interesse für die Welt lebt. Ihre ebenso polemische wie tröstende Auffassung des Miteinanders erhält im Licht der gegenwärtigen Polarisierung der Gesellschaft und politisch-gesellschaftlicher Krisen neue Bedeutung und Kraft.

  • von Wolfgang Welsch
    16,00 €

  • von Jens Balzer
    10,00 €

    Die Rede von kultureller Aneignung ist allgegenwärtig. Infrage steht mit ihr gerade für eine progressive politische Position die Legitimität kultureller Produktion, die sich an den Beständen anderer, ihr »fremder« Traditionen bedient. Während viele diese als eine Form des Diebstahls an marginalisierten Gruppen kritisieren, weisen andere den Vorwurf zurück: Er drücke eine Vorstellung von Identität aus, die Berührungspunkte mit der völkischen Rechten aufweise. Tatsächlich, so zeigt Jens Balzer, beruht jede Kultur auf Aneignung. Die Frage ist daher nicht, ob Appropriation berechtigt ist, sondern wie man richtig appropriiert. Kenntnisreich skizziert Balzer im Rückgriff auf die Entstehung des Hip Hop wie auf die erstaunliche Beliebtheit des Wunsches, »Indianer« zu sein, in der bundesdeutschen Nachkriegszeit eine Ethik der Appropriation. In ihr stellt er einer schlechten, weil naturalisierenden und festlegenden, eine gute, ihre eigene Gemachtheit bewusst einsetzende Aneignung entgegen. Ausgehend von dem Denken des Kreolischen Édouard Glissants und Paul Gilroys »Schwarzem Atlantik« sowie der Queer Theory Judith Butlers wird eine solche Aneignungsethik auch zur Grundlage eines aufgeklärten Verhältnisses zur eigenen Identität.

  • von Florian Muhlfried
    15,00 €

    Herrschaftsmisstrauen ist in Zeiten von Corona suspekt geworden. Wo Schamaninnen neben Reichsbürgern demonstrieren, wird Querdenken zum Albtraum. Dabei gerät schnell das politische Potenzial von Misstrauen aus den Augen. Als internalisierte Gegenherrschaft trägt es wesentlich zur demokratischen Kontrolle bei. Und als Praxis der Unherrschaft wirkt es der Verhärtung von Herrschaft entgegen. Während Gegenherrschaft zum Repertoire des Liberalismus gehört, ist Unherrschaft eine unideologische Form des Anarchismus. Auf der Grundlage von Fallmaterial aus dem Kaukasus werden Wege skizziert, Misstrauen in politisches Engagement zu überführen.Florian Mühlfried erweitert in diesem engagierten Essay Denkhorizonte und lädt ein, politische Formen jenseits der aktuellen Ordnungen neu zu denken. Es geht dabei um Alternativen zur politischen Ordnung, ohne die Ordnung der Anderen zum Leitfaden zu nehmen, sondern die Wirkmächte alternativer Praxen zu begreifen. Damit wirkt er auch einer Monopolisierung der »Alternative« zur aktuellen politischen Ordnung durch rechtsnationale Parteien entgegen.

  • von Yuk Hui
    15,00 €

    Die Durchsetzung der westlichen Moderne ging mit der Etablierung eines instrumentellen Begriffs von Technik einher. Mit den unabsehbaren Folgen des menschengemachten Klimawandels ist dieses Verständnis in eine tiefe Krise geraten. Im Rückgriff auf die antike Vorstellung der techne und im Austausch mit außereuropäischen Ansätzen entwickelt Yuk Hui das Konzept der Kosmotechnik. Es stellt in Rechnung, dass jede Technik mit einer bestimmten Vorstellung von Welt verbunden ist. So öffnet Kosmotechnik dem Nachdenken über Technologie eine kosmopolitische Perspektive. Junius Frey situiert den Entwurf Huis in der aktuellen geopolitischen Situation. Die zunehmende Polarität zwischen China und den USA wird nicht zuletzt über den Stand und die Ideologie technologischer Entwicklung und gouvernementaler Kontrolle ausgetragen. Indem Frey den Ansatz der Kosmotechnik ins Gespräch mit den Überlegungen des Tiqqun-Kollektivs zu Veränderungen des Imperialen bringt, entwickelt er die politischen Implikationen der Kosmotechnik hin zu einer neuen Doktrin verwandelter kommunistischer Politik. Sie findet ihren überraschenden Ort gerade deshalb im Süden Europas, weil dieser seine globale Zentralstellung schon lange eingebüßt hat.

  • von Jürgen Wertheimer
    14,00 €

    Mit der Kraft eines Löwen und dem Kopf eines Menschen auf Jagd zu gehen oder fischschwänzig in die Tiefe abtauchen zu können - wer hätte nicht schon gelegentlich davon geträumt? Aber auch wenn es mit unseren Gefühlen ernst wird, kommen schnell Tiere ins Spiel. Man nimmt eine Sache >tierisch ernst< oder >leidet tierischIntelligenzbestie

  • von Christian Haller
    12,00 €

    Licht ist so selbstverständlich wie Luft und Wasser. Am Tag ist es allgegenwärtig, in der Nacht holen wir es mit Kerzen und Lampen in die Räume. Was aber ist Licht? Woraus besteht es und wie setzt es sich zusammen? Diese Fragen beschäftigten die Menschen seit der Renaissance. Die Sonne war zum Mittelpunkt des Kosmos geworden, und man experimentierte mit der Camera obscura, mit Spiegeln und Prismen, nahm sich den neuen Kosmos zum Modell gesellschaftlichen Lebens und stellte sich vor Fotokameras. Doch bei all der Beschäftigung wusste man noch immer nicht, was das Licht wirklich ist. In seinem tiefgründigen Essay führt uns Christian Haller durch die Jahrhunderte in die Gegenwart. Heute kennen wir die Antwort, und sie stieß die Tür zur Quantenphysik auf. Durch deren Anwendung betreten wir virtuelle Räume, bestrahlt von Licht, von dem wir endlich wissen, was es ist. Doch wissen wir auch, welche Konsequenzen dieses Wissen hat?

  • von Cornelia Zumbusch
    14,00 €

    Eremiten oder Aussteiger gehen in die Natur, um ein von Einfachheit, Verzicht und Selbstbeschränkung geprägtes Leben zu führen. Zugleich gilt Askese seit der Antike als Einübung in ein naturgemäßes Leben. Es liegt nahe, in asketischen Verhaltensmanualen auch den Ausweg aus den ökologischen Krisen der Gegenwart zu sehen. Aber was bedeutet es für gesellschaftliche Naturverhältnisse, wenn eine positive Form des Naturbezugs nur denjenigen vorbehalten ist, die sich bewusst von der Gesellschaft entfernt haben?Natur und Askese hält kein Plädoyer für asketische Lebensregeln. Stattdessen zeigt Cornelia Zumbusch, wie einsamer Wald, Wüste oder Wildnis zu Erfahrungsräumen des Selbst werden. Das Leben in der Natur und das Schreiben darüber sind Mittel der askesis - einer Praxis, mit der die Kräfte der Wahrnehmung wie auch der Einbildung geschärft und trainiert werden. So formiert sich in der im Zeichen von Natur und Askese geschriebenen Literatur neben einer Lebenslehre vor allem eine Poetik.

  • von Marcus Steinweg
    20,00 €

    Sprachlöcher ist ein fulminantes, radikales, poetisches Buch. In rund 350 Kurztexten und Aphorismen verbindet Marcus Steinweg analytische Tiefenschärfe mit polemischer Zuspitzung. Seine Texte sind von höchster sprachlicher Dichte und Genauigkeit. Schließlich geht es um den Versuch, einer auf allen Ebenen verrücktspielenden Welt mit Sprache zu antworten. Dabei beweist Steinwegs Denken mit jeder einzelnen Notiz seine Welthaltigkeit. Es lebt von Differenzierungsbereitschaft, indem es Vereinfachung zum Quell ideologischer Verblendung erklärt. Kein Gegenstand, der nicht theoriewürdig wäre. Es geht um die Verflechtung von Sprache und Ideologie, Ressentiment und Politik, Kunst und Gesellschaft, Humor und Hysterie, kurz, um eine Infragestellung des aktuellen Zustands der Welt. Die Löcher in dessen sprachlicher Darstellung werden aufgedeckt und mit Beckett, Kafka, Duras, Weil, Hegel, Nancy und anderen in den Blick genommen.

  • von Hannes Böhringer
    14,00 €

    Was fehlt? Was ist unter den Tisch gefallen und liegt nun unbeachtet am Boden? Hannes Böhringer geht in den hier versammelten Essays dieser Frage nach und folgt damit dem unermüdlich umherziehenden und fragenden Sokrates, der am Ende seiner Unterhaltungen aufhebt, was unverstanden übrig geblieben ist, damit es nicht wieder zu Boden fällt und dort vergessen wird. Den Boden im Blick zu behalten und unter sich zu spüren führt zu einer Philosophie des Alltäglichen und Gewöhnlichen. Es geht um Türschwellen, die man sich nicht zu überschreiten oder -denken traut, oder um Schuhe und Jacken: Ist die Philosophie selbst ein alter Schuh, das Christentum eine abgetragene Jacke? Sitzen sie vielleicht nicht mehr richtig?In seinen Essays verbindet Böhringer die Phänomenologie des Alltags und seiner Dinge mit Reflexionen auf deren Sinnbildlichkeit in einer lebendigen und zugänglichen Sprache. »Scherzhaft-ernsthaft« - so charakterisierte Platon seinen Sokrates. Wie dieser macht Hannes Böhringers Kunst der Einfachheit vor den großen Fragen nur scheinbar halt, sein Denken führt an die Wiege der Philosophie zurück und schenkt dem Leser keine Antworten, sondern Fragen.

  • von Hartmut von Sass
    14,00 €

  • von Weiming Tu
    15,00 €

    Tu Weiming zählt zu den renommiertesten chinesischen Philosophen. Sein 2018 auf dem Weltkongress für Philosophie gehaltener Vortrag über einen neuen Humanismus, Menschsein lernen ist die Krönung seines lebenslangen Bemühens, den Konfuzianismus in einen Dialog mit den spirituellen Traditionen der Welt zu bringen und die Herausforderungen zu durchdenken, denen sich das 21. Jahrhundert stellen muss. Tu strebt danach, menschliche Subjektivität im Lichte der konfuzianischen Tradition neu zu bestimmen. Auf dieser Grundlage entwirft er die Vision eines allumfassenden, dicht geknüpften Lebensnetzes, das über die vier sich in einer ständigen Kreisbewegung aufeinander beziehenden Aspekte »Selbst«, »Gemeinschaft«, »Erde« und »Himmel« auch eine ethische Perspektive eröffnet. Tus »geistiger Humanismus« soll dabei helfen, Egoismus, Ethnozentrismus, Nationalismus, aber auch Anthropozentrismus zu überwinden, denn der konfuzianische Übungsweg will den Menschen befähigen, »ein würdiges Gegenüber im kosmischen Prozess zu werden«. Wer sich mit gegenwärtigem Denken beschäftigen möchte, in globaler Perspektive und jenseits altbekannter europäischer Geisteswelten, kommt an Tu Weiming nicht vorbei.

  • von Balthasar Gracian
    12,00 €

    Helden sind verdächtig, sie sind zwielichtig, halb Literatur, halb wirklich, nur in Krisen, in der Not tauchen sie auf und verrichten ungewöhnliche Taten, bevor sie vom Alltag wieder verschluckt werden. So wurde die Figur des Helden immer wieder missbraucht, doch soll man deshalb auf sie verzichten? In der im besten Sinne barocken Erstlingsschrift (1637) Graciáns erhalten wir einen anderen Vorschlag. Der spanische Philosoph und Theologe entwirft darin das Bild des zur Vervollkommnung fähigen Menschen, der durch eigenen Kraft und jederzeit zu einem Helden im übergeordneten Sinne werden kann. In prägnanten und überraschenden Sentenzen formuliert er eine erhabene Lebenskunst für alle, die sich nicht mit dem begnügen möchte, was ihnen von Haus aus gegeben ist: »Du wirst hier weder eine politische noch eine ökonomische Räson, sondern eine Staatsräson deiner selbst finden, einen Kompass, um zur Vortrefflichkeit zu segeln, eine Kunst, dank weniger Klugheitsregeln hervorragend zu werden.« Versehen mit einem aktuellen Nachwort des Philosophen Hannes Böhringer ist diese außergewöhnliche Text in einer überarbeiteten Übersetzung endlich wieder lieferbar.

  • von Klaus Theweleit
    28,00 €

    Wer hat es erfunden, das Vokalalphabet? Kam es aus der Donaukultur nach Süden, brachten es die Phönizier auf ihren Handelsrouten mit, oder hat es seine Wurzeln doch in den semitischen Sprachen des Nahen Ostens? War es gar Homer, der es im Alleingang erschuf, als er die Illias und die Odyssee dichtete? Klar ist, dass sich um 800 v. Chr. das Vokalalphabet vom östlichen Mittelmeerraum ausgehend durchsetzt. In vielen Kulturtheorien sind Alphabetisierung und Demokratisierung aufs Engste verknüpft:Die massive Reduktion der nötigen Zeichen bei enormer Ausweitung des mit ihnen Ausdrückbaren stellt in ihnen einen Umschlagpunkt der Geschichte dar. Präzise und angriffslustig zugleich nimmt Klaus Theweleit die Fäden auf. Das Vokalalphabet, so seine spekulative Rekonstruktion, ist eine Erfindung von griechischen Händlern und Piraten, die auf keinen festen Heimathafen mehr zusteuern konnten. Auf stürmischer See trägt der Vokal einfach besser. Die im Versmaß des Hexameters memorierten Epen wurden zum zentralen Mittel der Kommunikation von Zugehörigkeit. »Die Erfindung des Vokalalphabets - auf See« ist eine rasante Reise zu den Ursprüngen der europäischen Kultur.

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