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  • von Georges Haldas
    36,00 €

    Was große Literatur ausmacht, zeigt sich an den . Werde sie zum Ausdrucks eines inneren Lebensgefühls, so wächst der Text unversehens über die Alltäglichkeit dessen hinaus, wovon er erzählt. «Boulevard des Philosophes» ist solch ein Wunder-Buch. Auch wenn es nichts von einer spannenden Handlung hat, gewinnen die kleinen Dinge und Erlebnisse, die darin zur Sprache kommen, eine Intensität und Leuchtkraft, dass man keinen Satz und Moment missenmöchte. Georges Haldas blickt darin auf seine Kindheit und seinen verstorbenen Vater zurück - fürwahr kein origineller Stoff, doch wie er ihn zum Leben erweckt, macht das Buch einzigartig. Mit wie vielen Vätern wurde in der Literatur nicht schon ! Nichts davon in «Boulevard des Philosophes», obwohl der Sohn allen Grund dazu hätte. Denn der Vater ist jähzornig, unberechenbar und bisweilen voll von Hass. Er stammt aus Griechenland, ist eigentlich gebildet, belesen und begabt mit einem Sinn für Höheres - doch gescheitert in allen Plänen und Träumen. Statt seiner soll der Sohn in der Schule und im Leben Erfolg erringen, aber der Ehrgeiz des Vaters untergräbt die Entwicklung des Kindes mehr, als dass er sie fördert. Und doch blickt Haldas ohne Ressentiment auf den Vater zurück. In tiefer Ehrlichkeit versucht er ihn zu ergründen und ihm Gerechtigkeit wider fahren zu lassen. Er tut dies, indem er kleine Erlebnisse wieder wach ruft: gemeinsame Abendspaziergänge auf Kephalonia, die Besuche der samstäglichen Fußballspiele in Genf, Ausflüge auf den Bahnhof nach der Büroarbeit des Vaters. Er beginnt die Angefochtenheit des Fremden zu begreifen, der von den Einheimischen ausgeschlossen wird, wie es dem Kind auch selbst widerfährt. Immer wieder reflektiert Haldas dabei die Unsicherheit der Erinnerung; oft spricht er auch den Leser an, bittet ihn sogar um Verzeihung, dass die Suche nach den «Unterwasserstömungen» des Lebens nicht zu leichtfasslichen Ergebnissen führe. Geschrieben ist all dies in einer Sprache, in der sich subtilste Präzision mit großer Musikalität verbindet - bewunderungswürdig und meisterhaft übersetzt von Elisabeth Dütsch. Bei aller gebotenen Zurückhaltung, die auf diesen Blättern sonst geübt wird, darf und mussgesagt sein: Dies ist ein Werk von weltliterarischem Rang, das noch auf seine Entdeckung und angemessene Würdigung wartet.

  • von Rene Schickele
    24,80 €

    René Schickele gehört zu jener Generation von Autoren, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre ersten Werke publizierten und in der Folge das literarische Leben in Deutschland bis 1933 prägten. Als Expressionist der ersten Stunde, dann als Herausgeber der Zeitschrift «Die weissen Blätter» und schließlich als prominenter Romancier in den 1920er Jahren stand er mit allen bedeutenden Kollegen seiner Zeit in Kontakt, darunter die Brüder Heinrich und Thomas Mann, Robert Musil, Stefan Zweig, Lion Freuchtwanger, Joseph Roth, Hermann Hesse, Robert Walser und viele andere.Seine Stellung war dennnoch eine besondere: Denn er stammte aus dem Elsass, war zweisprachig aufgewachsen und sah in der gegenseitigen Befruchtung der französischen und deutschen Lebens- und Denkart seine Mission. Dieses «geistige Elsässertum», wie er es nannte, war eine europäische Idee, die die Engstirnigkeit der nationalen Konzepte überwinden sollte - zur Sicherung des Friedens und zur geistigen Bereicherung aller. Seine Frankophilie war vor dem 1. Weltkrieg, als Deutschland in Frankreich den «Erbfeind» sah, eine kühne politische Utopie, die ihn des Defaitismus verdächtig machte. So war es nicht unverfänglich, als Schickele 1910 seinen kleinen Roman «Meine Freundin Lo» veröffentlichte und ihn im Untertitel als «Geschichte aus Paris» deklarierte.Der Text ist aus der Optik eines jungen Journalisten erzählt, der - wie es bei Schickele selbst der Fall gewesen war - nach Paris kommt, um über die französische Innenpolitik und das Pariser Kulturleben zu berichten. Über seinen Freund, den Dichter Variot, lernt er dessen Geliebte Lo kennen, eine Schauspielerin am «Grand Guignol». Sie ist das Zentralgestirn eines Bohème-Kreises, zu dem auch ein Theaterdirektor und ein aufstrebender Abgeordneter der Deputiertenkammer zählen. Mit grosser Selbstverständlichkeit lebt Lo ihre erotische Freiheit, und bald ist der Ich-Erzähler ihr Geliebter. Es folgt ein Sommer des Glücks in einem Landhaus vor den Toren von Paris - eine Schule des französischen «Savoir vivre»: Genuss der Gegenwart, Geselligkeit, intellektueller Austausch. Am Ende des Sommers aber geht Lo zum Abgeordneten Cumin über, und der junge Journalist erfährt, dass eine grosse Liebe keine kleinliche Eifersucht kennen kann.

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