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  • von Wilhelm Bode
    20,00 €

    Der röhrende Hirsch mit mächtigem Geweih beflügelte die Fantasien nicht nur von Adeligen, höheren Töchtern und Romantikern, sondern prangte als Bild an den Wänden so manches deutschen Kleinbürgers. Doch gerade sein Geweih als Symbol des potenten Herrschers machte ihn zugleich zum bemitleidenswerten Objekt der Jagdlust und zur tragischen Figur des Waldes. Wilhelm Bode, selbst einst ein passionierter Jäger aus Familientradition, schildert die wechselvolle Natur- und Kulturgeschichte des Hirsches. Er erzählt nicht nur von der Faszination für Bambi, der Bedeutung des Hirsches für Frida Kahlo und Joseph Beuys und von dem Auf und Ab der Jagdhistorie. Er beschreibt, wie ihn seine Begegnungen mit dem Hirsch allmählich von der Trophäenjagd abbrachten und zum überzeugten Gegner einer rücksichtslosen Jagdpraxis werden ließen, die nicht nach ihren Konsequenzen für den Naturraum fragt. So ist dieser Ausflug durch die heimische Kulturlandschaft nicht zuletzt ein engagiertes Plädoyer, die Jagd auf das stolze Wildtier in eine neue Beziehung des Respekts vor der Natur zu verwandeln.

  • von Roberto Simanowski
    20,00 €

    Zehn Jahre nach seiner Gründung im Jahr 2004 ist Facebook das größte soziale Netzwerk der Welt und einer der mächtigsten Global Player des Internet. Der Reiz dieses Netzwerks liegt auf der Hand: die geballte Kommunikation mit vielen, die Lust der Selbstdarstellung, die Zeugenschaft im Leben der anderen, die reichlichen, pflegeleichten Bekanntschaften, das Wiedersehen alter Freunde etc.. Auch die Negativseite ist hinlänglich bekannt: die Kapitalisierung des Privaten, Überwachung, Selbstdarstellungszwang, Zeitverschwendung. Es gibt etablierte Neologismen und umfangreiche Studien zu Facebook. Zugleich gibt es viele Klischees und Leerstellen in der Reflexion, was Facebook ist und wie es die Gesellschaft verändert.

  • von Birgit Schneider
    28,00 €

  • von Markus Messling
    22,00 €

    Wie das Zusammenleben in einer geteilten Welt gestalten, ohne auch nach der verschlossenen zu fragen?Das Rhinozeros ist gewiss ein merkwürdiges Mitglied der Weltgemeinschaft des Lebendigen: dickhäutig und widerständig, wohlgenährt und standsicher könnte es zuversichtlich in die Zukunft blicken. Aber das ist es nun gerade: Seine Sicht ist extrem eingeschränkt. Daher seine Reizbarkeit. Das Nashorn ist ein Emblem Europas. Seit der Antike war es mit imperialer Macht verbunden: als Wappentier, kostbares Geschenk unter Potentaten und Zentrum von Schaulust. Doch Horn und Panzerung, Relikte eines Urviechs, sind ein schweres Erbe. Sie verleihen keine Gewissheit mehr. Als Scheinriese sucht das Rhinozeros seinen Platz in der Gegenwart. Es wird Gewicht abgeben und sich neu im Zusammenleben bewähren müssen. Sein sensibles Ohr nah an den Zeitläuften zu haben, darauf kommt es an. Denn auf dem allzeit brüchigen Boden der Geschichte stellt sich die Frage: Unter welchen Bedingungen kann ein halbblinder Mehrtonner den Übergang wagen? Mit Beiträgen von Theodor W. Adorno und Ernst Bloch, Barbara Breitenfellner, Liliana Colanzi, Leyla Dakhli, Souleymane Bachir Diagne, Aïcha Filali, Friederike Groß, Albert Herbig, Tim Hetherington, Giovanni Levi, Nastassja Martin, Daliri Oropeza Álvarez, Muriel Pic, Cord Riechelmann, J. Emil Sennewald, Shumona Sinha, Sharon Sliwinski, Chris Song und Emil Szittya.

  • von Alain Damasio
    38,00 €

    Eine leere Welt, in der tagein, tagaus der Sturm tost. Manchmal verebbt er zu einem sanften Slamino, selten rast er als verheerender Grimmwind übers Land, doch er weht ohne Unterlass, und stets in dieselbe Richtung: von Fernauf nach Fernab. Immer wieder werden speziell ausgebildete Gruppen - genannt »Horden« - losgeschickt, um stromaufwärts gegen den Wind zu gehen, zu »kontern«, immer weiter, bis zu seinem Ursprung, um die alles überschattende Frage zu beantworten: Woher weht der Wind? Und warum? Was ist da oben, in den unwegsamen Gebieten, die »Fernauf« genannt werden? Dreiunddreißig Horden sind bislang verschollen, umgekommen oder entmutigt am Wegesrand sesshaft geworden. Doch die vierunddreißigste Horde ist fest entschlossen, die letzte zu sein, die Geschichte vom Wind zu Ende zu schreiben. Ob der wahnhafte Furor ihres Anführers Golgoth ihnen dabei Antrieb oder Verhängnis sein wird, ist genauso ungewiss wie das Ergebnis der Berechnungen von Aeromeisterin Oroshi, die den Wind entschlüsseln will wie eine mathematische Formel. Sicher ist nur, dass Sov, der Schreiber, ihre Erlebnisse und Erkenntnisse in seinem Konterbuch festhält, alle Anfänge und Enden dieser Reise, die für fast alle Mitglieder der Horde ein Leben lang dauern wird. Die Gefahren, denen die Horde begegnet, sind physischer wie metaphysischer Natur, der Wind selbst zerrt an der Erzählung, die diesen einzigartigen Roman ausmacht.

  • von Søren Kierkegaard
    20,00 €

    In der Lilie auf dem Feld und dem Vogel unter dem Himmel entdeckt Søren Kierkegaard die Lehrmeister im Schweigen, im Gehorsam und der Freude - den drei überzeitlichen Lebenshaltungen auf dem Weg zur Erkenntnis dessen, »was es heißt, Mensch zu sein«. Mit der Beharrungskraft des Gläubigen richtet sich Kierkegaards Lektüre gegen säkulare Beliebigkeit und mahnt dazu, »zuerst nach dem Gottesreich zu trachten«.Seine Drei Reden, Gott betreffend veröffentlichte Kierkegaard, einer der bedeutendsten Philosophen des 19. Jahrhunderts, 1849, einem seiner produktivsten Jahre. Als mitreißender Prediger unterzieht er einen Abschnitt der Bergpredigt (»Niemand kann zwei Herren dienen«) einer bezwingenden philosophischen Auslegung. Inmitten der »frohen Botschaft« des an der Oberfläche versöhnlichen Evangeliums tut sich bei Kierkegaard ein Abgrund auf, der dem Menschen Eindeutigkeit abverlangt: »Entweder Gott lieben - oder ihn hassen.« Ein Vademecum der spirituellen Disziplin, wird Kierkegaards dreifache Rede Die Lilie auf dem Feld und dem Vogel unter dem Himmel in der Neuübersetzung von Peter Urban-Halle zur Demonstration rhetorischer Kunst und Aufforderung zu radikaler Weltverneinung. Ihre Leser will sie zur Entschiedenheit anstiften, nicht aber ohne Trost zu spenden: »Lerne also von der Lilie und dem Vogel. Wirf all deine Sorge auf Gott!«

  • von Knut Ebeling
    24,00 €

    In einem regnerischen und grauen September begibt sich Knut Ebeling auf eine zehntätige Vipassana-Meditation ins Vogtland. Er will Ruhe finden, den Gedankenstrom anhalten, eine Depression überwinden. Es ist nicht seine erste Meditation, und wie die anderen ist sie bestimmt von Schweigen, Atemübungen und vollkommener Enthaltsamkeit gegenüber der Schrift. Doch schon am dritten Tag beginnt er, sich Notizen zu machen, mit dem Einzigen, was ihm zur Verfügung steht, einem tropfenden Kugelschreiber und Toilettenpapier, und legt damit seine Erfahrung über eine andere: Gut neunzig Jahre vor ihm hat auch Georges Bataille meditiert. So kam der Philosoph durch die Kriegsjahre und veröffentlichte 1947 die Methode der Meditation, einen Band, der bisher kaum rezipiert worden ist - in dem grenzensprengenden Werk von Bataille eine scheinbar esoterische Verirrung. Und doch wird darin die radikale Erfahrung von einem In-der-Welt-Sein zur Methode, und zwar des Denkens.In seiner autotheoretischen Schrift schaut Knut Ebeling durch seine eigene Meditationserfahrung auf die geteilte Praxis, die die Grenzen des Denkbaren durch sinnliche Erfahrung überschreitet: Das Atmen, die Empfindungen und ihre Abwesenheit, die Askese des Blicks, der Schmerz und das Vergehen der Zeit werden Leitpunkte einer Reflexion, die das Philosophieren dezentriert. Knut Ebeling offenbart so einen intimen Blick auf einen anderen Bataille, der mitten in die Krisen des gegenwärtigen Selbst und unserer Zeit führt: Kann man sich durch einen Krieg meditieren?

  • von Ivan Goncarov
    20,00 €

    Mit dem Frühling erwacht bei einigen Bewohnern Petersburgs ein seltsames, überaus dringliches Verlangen: eine unstillbare Sehnsucht nach frischer Luft und unberührter Natur, die die im Winter so kultivierten Herrschaften um den Verstand bringt und unwägbaren Gefahren aussetzt. Während ihrer rastlosen Spaziergänge stürzt die betroffene Familie Zurov in Schluchten, wird von Hunden überfallen, erblindet und ertrinkt beinahe im See. Ausgerechnet der faule Tjazelenko, der die meiste Zeit im Bett verbringt und deshalb vor der Ansteckung der saisonalen Seuche bewahrt bleibt, diagnostiziert der Gesellschaft ein schreckliches Leiden, dessen Ursache er zu kennen meint. Da seine Glaubwürdigkeit mehr als fragwürdig ist, beschließt der Erzähler, besorgt um das Wohl seiner Freunde in der Großstadt, der Sache selbst auf den Grund zu gehen - und die Zurovs auf einen ihrer verhängnisvollen Ausflüge zu begleiten.Heute, da das Zelt oder die Hütte in freier Natur der Sehnsuchtsort manch eines Städters ist, liest sich Die Schwere Not aktueller denn je. Geschrieben im Geiste Gogols ist die Erzählung zugleich eine herrliche Parodie auf das so beliebte Genre der romantischen Naturdichtung, indem sie uns vor Augen führt, welche Gefahren bei Picknick und Spazierfahrt auf uns lauern.

  • von Nikolaj Gogol
    20,00 €

    Bei den kleinrussischen Kosaken geht der Schrecken um: Ein feuchtfröhliches Trinkgelage wird gestört durch einen mysteriösen Fremden, der sich beim Anblick zweier Gottesbilder plötzlich in einen grausam entstellten Greis verwandelt. Es ist der sagenumwobene Zauberer, der zurückgekehrt ist, um an den Ufern des reißenden Dnjepr sein Unwesen zu treiben. Er drängt seine Tochter Katerina zum Inzest und trachtet ihrem Ehemann, dem kriegerischen Danilo Burulbasch, nach dem Leben, während die Polen zur Schlacht rüsten. Die Tragödie nimmt ihren Lauf, als die Liebenden gegen die dunklen Mächte des Zauberers kämpfen. Ein uralter Fluch besiegelt das Schicksal und entspinnt eine Spirale aus Begehren und Eifersucht, schwarzer Magie und brutaler Gewalt. Schreckliche Rache, verfasst 1831 und als Teil des ersten Erzählzyklus Abende auf dem Weiler bei Dikanka erschienen, stellt die Quintessenz von Gogols frühem Schreiben dar. Mit einer kunstvollen, rhythmischen Prosa entfaltet er virtuos die Klang- und Farbenwelt der ukrainischen Folklore, der die Neuübersetzung von Walter Koschmal Rechnung trägt. Gogol führt uns hinein ins mythenreiche Land der Karpaten, deren Schluchten so tief sind wie die Abgründe der menschlichen Seele. Ein Meisterwerk der klassischen fantastischen Literatur.

  • von Daniil Charms
    18,00 €

    Hereinspaziert in den Zirkus sardam und Manege frei für Kunstreiter, Seiltänzerinnen, Luftakrobaten, philippinische Jongleure und Haifischdresseurinnen! Was verspricht, eine faszinierende Show zu werden, wird immer wieder gestört durch den starrköpfigen Bürger Vertunov, der ständig auftreten möchte, aber nichts so richtig kann. Seine Imitation einer Ziege lässt zu wünschen übrig, und auch sein Grunzen und Wiehern sind nicht überzeugend. Mit allen Mitteln versucht der verzweifelte Direktor, den Quälgeist loszuwerden. Die Vorführung läuft immer mehr aus dem Ruder, bis schließlich alle Beteiligten auf der Bühne ertrinken, aber doch nicht tot sind. Wie es dem Chaosstifter Vertunov gelingt, am Ende zum Helden der Zirkustruppe zu werden, ist ein fantastisches Spektakel, wie Sie es noch nie gelesen haben.Daniil Charms interessierte, wie er selbst sagt, nur der Quatsch. Seine Darstellungen einer sinnentleerten Welt machten ihn zum Feindbild der stalinistischen Kultur: Zirkus sardam, ein Prototyp des Nonsens, wurde 1935 für das nur kurzzeitig bestehende Leningrader Marionettentheater geschrieben, konnte jedoch erst 1992 in einer Literaturzeitschrift erscheinen. Vor dem Hintergrund von Repression und Verfolgung offenbart sich seine große Sprengkraft.

  • von Albert Ehrenstein
    24,00 €

    Wu Sung verlässt als junger Mann sein gutes Elternhaus, wo es mit den »Sternen und Wissenschaften« kaum ein Auskommen gibt. Eines Nachts schlägt er, trunken und furchtlos, einen menschenfressenden Tiger mit bloßen Händen tot. Mit einem Schlag wird er also berühmt und zum Offizier befördert. Der ungeschliffene, aber ehrliche Mann nutzt seine unversehens erlangte Macht, um Gerechtigkeit zu schaffen, wo er Unrecht sieht, um gegen korrupte Beamte, gierige Bonzen und intrigante Kupplerinnen vorzugehen, und nicht zuletzt, um den jähen Tod seiner armen Eltern und den Mord an seinem Bruder zu rächen. Auf diesem abenteuerlichen Weg ist er nie um eine List verlegen noch zimperlich. Am Ende gehen Wahn, Rausch, Traum und Wachen ineinander über, und der raue Held findet zu einer gleichsam buddhistischen Aussöhnung mit der Welt. Albert Ehrenstein war einer der wichtigsten Vertreter des literarischen Expressionismus. Nach der großen Enttäuschung über das Scheitern der Revolution und der Bildung einer deutschen Räterepublik wandte er sich hoffnungsvoll der chinesischen Literatur zu, deren Stimmen für ihn nicht etwa Pfirsichblütenduft, sondern Auflehnung gegen Unterdrückung sowie Rebellion gegen die ausbeuterische Obrigkeit bedeuteten.

  • von Anton Claus
    22,00 €

    Ein Dorfgasthaus - und alle sprechen Latein: der Wirt namens Tonsiastrus, seine beiden Angestellten und drei Gymnasiasten, die hier einkehren. Heute unvorstellbar, aber kein Grund zum Lachen für die Schüler des Rhetoriklehrers Anton Claus, der 1730 die Komödie Tonsiastrus im Münchner Jesuitengymnasium auf die Bühne brachte. Seine Schüler lernten ja, die »tote« Sprache in allen Lebenslagen anzuwenden. Witzig war die Situation als solche: Die drei Gymnasiasten hatten im Wirtshaus nämlich nichts zu suchen, für sie galt das Jugendschutzgesetz, das zu dieser Zeit Wirtshausverbot hieß. Es sind also keine Musterknaben, die auf einen Wirt treffen, dessen Name »Beutelschneider« bedeutet. Am komischsten aber wirkt damals wie heute, wie Claus die klassische Rhetorik ins Gasthaus bringt. Während der Wirt Reden von Cicero verwurstet, spricht der junge Kellner Dromulus ein vorbildliches Latein. Ihm galten die Sympathien des Autors, der einem so guten Lateinsprecher sicher gern einen Platz im renommierten Jesuitengymnasium gegeben hätte. Denn das ist das Thema des Stücks: zeigen, was Sprache vermag.Tonsiastrus ist ein herrliches Zeugnis des Schultheaters der Jesuiten, die über Jahrhunderte die führende Elite des Landes erzogen und den Geist des Volkes prägten. Mit sattem Sprachwitz und hinreißendem Humor gelingt es Anton Claus, nicht nur sein damaliges Publikum, sondern auch uns heutige Leserinnen und Leser zu begeistern.

  • von Anna Katharina Fröhlich
    20,00 €

    Martha Oberons Sommernachtstraum soll mehr als eine Nacht währen: Drei Monate will die junge Zeichnerin aus London in der italienischen Stadt N. verbringen, um an der Akademie der Schönen Künste das Malen in Öl zu lernen. Eines Abends trifft sie auf Salvatore Spinelli, einen ungreifbaren Luftgeist und Nachkommen jener wunderbaren Familie der Taugenichtse, die zu leben verstehen und viel Zeit für das Lesen und Schauen haben. Er nimmt Martha mit auf eine Reise nach Sizilien, wo beide nahe Palermo in das Getriebe des mondänen Haushalts ihrer französischen Gastgeber Madame und Monsieur Tabarin geraten. Sie eine »Luxusasketin«, er ein Gentleman von gelassener Vornehmheit, der dunklen Geschäften nachgeht. Der Geist des Geldes umweht die Sommervilla, und unten in der Bucht ankert ihre Yacht, die Devil's Kiss, gehütet von dem Butler Balthasar - ein Mann von  bösem Zauber, der Martha auf fatale Weise anzieht. Im Atelier von Mrs. Moore, nicht weit von den Tabarins, steht Martha Modell und erlernt das Malen mit Ölfarben. Es öffnen sich ihr die Türen zum Geheimnis einer Kunst, die abseits vom Zeitgeist in jenes Paradies zu führen scheint, in dem wir uns alle schon befinden, es aber nicht wissen wollen.Mit scharfem, dennoch liebevollem Blick und mit ihrer verschwenderischen und eleganten Erzähllust führt Anna Katharina Fröhlich uns nicht nur in die absurde Welt der Tabarins, sondern auch in das psychische Universum von Menschen, die Platon als »gefährliche Künstler« bezeichnet hätte.

  • von Anjet Daanje
    34,00 €

    Flandern 1922. Noen Merckem hat infolge seiner Erlebnisse als Soldat im Krieg sein Gedächtnis verloren und lebt in einer Einrichtung für psychisch Kranke. Nach einer Zeitungsannonce besuchen ihn immer wieder Frauen, die auch lange nach Kriegsende noch nicht die Hoffnung aufgegeben haben, ihren geliebten Mann oder Sohn wiederzufinden. Eines Tages taucht eine Frau aus Kortrijk auf, Julienne, die in Noen ihren Ehemann erkennt, den Fotografen Amand Coppens, und ihn gegen ärztlichen Rat mit nach Hause nimmt. Doch die wundersame Wiedervereinigung nach acht Jahren gestaltet sich nicht so, wie Julienne es ihren neidischen Freundinnen glauben machen will. Erst allmählich nähern sich die beiden einander an, und anhand der Erzählungen Juliennes fügt sich Amands Biografie - nur wie kann er sicher sein, dass Julienne die Wahrheit sagt?Der erinnerte Soldat ist eine außergewöhnliche Liebesgeschichte und ein fesselnder Roman über die Macht der Erinnerung und der Fantasie. Anjet Daanje lässt uns eintauchen in die Psyche eines kriegstraumatisierten Mannes, der mit den Erinnerungen an seine Vergangenheit auch seine Identität verloren hat. Als Amand an den Worten Juliennes Zweifel kommen, beginnt für den Leser ein packendes Verwirrspiel, wie es nur ganz große Literatur zu spielen weiß.

  • von Holger Teschke
    22,00 €

    Möwen sind Vögel der Hoffnung und des Schreckens. Sie verkünden auf hoher See den rettenden Hafen ebenso wie den tödlichen Sturm. In den Werken der Alten Meister deuteten sie den Weltuntergang an, der sich nicht erst heute im Wechsel von Dürren und Wolkenbrüchen zeigt, und als Die Möwe Jonathan haben sie Generationen von Kindern unterhalten. Der Autor, Dramaturg und Regisseur Holger Teschke folgt den Zügen dieses weiß-grauen Vogels, von dem es heute 55 bekannte Arten gibt, einmal rund um den Globus. Denn Möwen haben sich an beinahe alle Lebensräume der Welt angepasst, und so finden sie heute nicht nur in Häfen und an Küsten, sondern immer öfter auch im Binnenland ihre Nist- und Brutplätze, wohin sie die karge Nahrung der überfischten Meere verdrängt. Selbst in Berlin brüten sie schon auf den Dächern über der Stadt. Und dann ist da noch der Seemannsaberglaube, der besagt, dass die Seelen toter Seeleute in Möwen ihr zweites Quartier finden. Von Möwen lernen heißt also, sich zu erinnern lernen. Wer einer Möwe aufmerksam in ihre Pupillen blickt, der wird erkennen, dass nichts und niemand sie aufhalten wird.

  • von Nicole Gronemeyer
    22,00 €

    Das Leben des Menschen begleiten Hühner erst seit ungefähr 3500 Jahren. Zu Beginn wurden die nächsten heute lebenden Verwandten des Tyrannosaurus Rex verehrt und nicht verzehrt - in der Antike befragte man sie als Orakel, und die beliebten Hahnenkämpfe sollten den Heldenmut der Jugend zelebrieren. Erst mit den römischen Landgütern wurden Hühner und ihre Eier zu einer beliebten Speise, und aus der Begeisterung der englischen Königin Victoria über Hühner aus den asiatischen Kolonien folgte im 19. Jahrhundert das Hühnerfieber, das die vornehme Gesellschaft in Europa und Nordamerika erfasste. Das legte den Grundstein der Rassegeflügelzucht, die auch Charles Darwin bei der Entwicklung der Evolutionstheorie wertvolle Hinweise gab. Die industrielle Hühneraufzucht begann im 20. Jahrhundert in den USA, wo man das »chicken of tomorrow« erfand, aus der unfassbaren Vielfalt der Hühnerrassen wurde die heutige Einfalt der Hybridzüchtungen. Dabei sind Hühner alles andere als einfältig. Ein Huhn kann sich an hundert andere Hühner erinnern und kennt dreißig verschiedene Laute, um sich mit ihnen zu verständigen. Sie zischen und kollern, gakeln und krähen, girren und rähen, glucken und gurren. Könnten wir sie verstehen, dann würden sie uns ihre Geschichte erzählen, die von Domestikation, Industrialisierung und Kapitalismus handelt. Nicole Gronemeyer, selbst seit ihrer Kindheit Hühnerhalterin, übersetzt die Laute der Haushühner in diesem liebevollen Tierportrait, das ohne jede Mahnung an unsere Menschlichkeit appelliert, die sich nicht zuletzt in unserem Umgang mit dem Huhn beweist.

  • von Karin S. Wozonig
    22,00 €

    Wanderratte, Hausratte oder Wistar-Ratte - die Arten der Gattung Rattus sind zahlreich, kein Wunder, haben sie sich doch im Laufe der Zeit von Asien ausgehend über die ganze Welt verbreitet, weil sie wie kaum ein anderes Tier fähig sind, sich an die lokalen Lebensumstände anzupassen. Als Allesfresser ernährt sich die Ratte in freier Wildbahn von Pflanzen genauso wie von Tierkadavern, in New York von Pizzaresten und in Berlin von weggeworfenem Döner. Wahrscheinlich glauben deshalb auch die meisten Menschen, dass sich in ihrer nächsten Umgebung immer Ratten befinden, manche schätzen das Verhältnis zur Bevölkerung sogar auf 1 : 1. Wie viele Ratten es wirklich gibt, lässt sich nicht feststellen, da sie die dunklen Ecken lieben und gut im Verstecken sind. Zählt man jedoch ihr vielfaches Auftauchen in der Belletristik bei Selma Lagerlöf, Gerhart Hauptmann und Marlen Haushofer wie auch in den Mythen und Märchen dazu, etwa im Rattenfänger von Hameln, kommt man ihrer erstaunlichen Vielzahl, ihrer Schläue und ihrer Resilienz langsam auf die Spur. Während die Ratte im Hinduismus und Buddhismus durchaus verehrt wird, schreibt die westliche Welt ihr schon lange die Rolle als Überträgerin von Krankheiten, als Ungeziefer oder als unliebsamer Gast zu, der sich bis auf die Handelsschiffe verirrt, und manchmal soll es sogar aus Gewitterwolken Ratten regnen. Dass Ratten als Modellorganismus in Experimenten und Tierversuchen zum Einsatz kommen, zeigt jedoch, dass dieser fellige Nager mit den ewig nachwachsenden Zähnen mindestens genauso über uns Menschen zu erzählen weiß.

  • von Sue Goyette
    20,00 €

    Wo das Land aufhört, das Land beginnt, wie lang die Küste wirklich ist, weiß niemand, verändert doch das Meer die Linie, Länge, Lage, verwischt es die Grenzen zwischen dem, was fest, und dem, was flüssig ist. Damit setzt es sich ständig in Beziehungen, denen kein Mensch entkommen kann - vor allem nicht diejenigen, die in seiner unmittelbaren Nachbarschaft leben. Von ihnen, den Nebenhändlern, Dichtern, Zimmerleuten, Müttern, Töchtern, Köchen, Rettungsschwimmern, erzählt Sue Goyette in ihrem mytho-poetischen Zyklus Ozean. Zwischen düsterem Märchen, mythischer Schöpfungserzählung und irrwitziger urban legend bewegen sich die Gedichte, aus ihnen erhebt sich ein vielstimmiger Chor, changierend wie das Licht, das sich an den Wellen bricht, um von all den Wechselwirkungen und Vorkommnissen am Meeresrand zu künden: davon, dass die Traurigkeit der Vorfahren den Salzgehalt des Wassers bestimmt; davon, dass der Nebel für Eheschließungen verantwortlich ist; und auch davon, dass Boote an Hosenträgern getragen werden und der Ozean gefüttert werden muss, um Ruhe zu bewahren. Selten präsentierte sich das Meer so vielgestaltig, so brausend und betörend, hoffnungsvoll und bedrohlich, wie in Goyettes lyrischer Chronik der an allem züngelnden Wassermassen.

  • von Mathias Gredig
    14,00 €

    Nur mit Geräuschen vermischt waren die Orchester der Grandhotels zu vernehmen. Aus solchem Gesamtklang heraus entstand das Programm für die schräge Geräuschkunst von Luigi Russolo. Diese hat weniger mit Leidenschaft für Industrie und Maschinen zu tun, als vielmehr mit gefüllten Wachtelschenkeln, mit in Vestibülen spielenden Kapellen oder mit Parks und Kolonnaden der Kurorte. Dort und in der lombardischen Metropole kulminieren zwischen 1909 und 1921 das Geld und seine Verachtung, der Anarchismus und Faschismus, der Futurismus und die Avantgarde.Ausgehend von unbekannten Dokumenten rekonstruiert Mathias Gredig jenen so einzigartigen wie flüchtigen historischen Moment und stellt dabei nicht nur die Futurismus-Forschung auf den Kopf, sondern schlägt eine neue ästhetische und historische Einordnung der Geräuschkunst wie auch der frühen Avantgarde und der bürgerlichen Unterhaltungsmusik insgesamt vor. In Begleitung von Russolos Geräuschintonatoren erzählt er eine bisher unerhörte Geschichte: des Mailänder Risottos, der Fanatiker, Kriegsversehrten und Esoteriker, der anarchistischen und faschistischen Agitationen, von Bombenanschlägen und ihrer Umgebung, die in die Musik wandert.

  • von Marcus Steinweg
    18,00 €

    Kafka sammelte seine Manuskripte nicht. Er verschleuderte sie und hinterließ Bruchstücke. Das berühmte Romanfragment Der Process weist keine gesicherte Anordnung der Kapitel auf. Auch die beiden anderen Romane Der Verschollene und Das Schloss blieben Fragment und erzeugen beim Lesen eine Atmosphäre, in der die Grenze zwischen realer Bedrohung und Paranoia verschwimmt. Wenn für Kafka das eigene Schreiben die Matrix war, zu der die Realität in ein Verhältnis der Kongruenz gebracht werden sollte - und wenn nicht, wurde das Geschriebene sofort oder später auf seinen Wunsch hin zerstört -, hat er in sie so viele Löcher gebohrt, bis es keinen Durchschlupf mehr gab. Das Gewebe aus Löchern ist die Matrix, und es ist die Realität: »Im harten Schlag strahlte das Licht herab, zerriß das nach allen Seiten sich flüchtende Gewebe, brannte unbarmherzig durch das übrigbleibende leere großmaschige Netz. Unten, wie ein ertapptes Tier zuckte die Erde und stand still. Einer im Bann des andern blickten sie einander an. Und der Dritte, scheuend die Begegnung, wich zur Seite«. Das Prophetische an diesem Zitat, das den Moment der panisch kontaktlosen Berührung beschreibt, ist das Nichtprophetische. Kafka spricht nicht aus, was er sieht, sondern was er weiß.

  • von Andreas Weber
    14,00 €

    »Wir sind alle Wilde«, sagt Andreas Weber und verdeutlicht, dass unsere Zivilisation nicht nur die Indigenen kolonisiert hat, sondern auch unser eigenes Denken. Wenn wir die Welt wieder zu einem lebensspendenden Ort machen wollen, sollten wir das Indigene in uns selbst entdecken. »Radikale Demokratie«, »Ethik und Moral der Gemeinsamkeit«, »Gerechtigkeit«, »Ökologie der Gabe« und »Nachhaltigkeit« - um diese Begriffe kreist Webers philosophisches Plädoyer für einen offenen Austausch in einer Welt der Gegenseitigkeit, die gerade erst wieder entdeckt wird: Physiker, Biologen und Geisteswissenschaftler beginnen den ganzheitlichen Kosmos angesichts der ökologischen und gesellschaftlichen Krisen neu zu begreifen und alte Gewissheiten abzustreifen. Sich auf diese neue Weltsicht einzulassen, bietet die Chance, lebendiger Teil einer ganzheitlichen Wirklichkeit zu werden und eine ökologische Lebenskunst zu verwirklichen.

  • von Ludwig Fischer
    28,00 €

    Jahrhunderte haben wir darauf hingearbeitet, die Natur zu beherrschen, auszubeuten und zu vernutzen. Nun kommen uns die unbedachten Folgen dieses Handelns in Form katastrophischer Ereignisse und Prozesse als fremde Naturvorgänge entgegen. Darin zeigt sich, dass die Wurzel unseres Naturverhältnisses in der Entfremdung von den Naturpotenzialen liegt, die sich nur aufheben lässt, wenn wir denkend und handelnd anerkennen, dass das menschliche Subjekt immer und überall mit immanenten Strebungen des Belebten und Unbelebten umgeht. Ernst Bloch hat in Prinzip Hoffnung davon gesprochen, dass ein »Natursubjekt« anzunehmen sei, mit dem menschliches Sein und Tun sich vermitteln müsse. Die gesellschaftliche Praxis dieser Vermittlung nennt er »Naturallianz«. Ludwig Fischer nimmt diesen Begriff auf, konzipiert ihn neu und erweitert ihn: Naturallianz sieht er als ein fundamentales Prinzip des Naturgeschehens - jeder Atemzug, jede Nahrungsmittelerzeugung, jedes technische Gerät beruht auf Naturallianzen. Sie aufmerksam und respektvoll wahrzunehmen, könnte die hemmungslose Zerstörung der Lebensgrundlagen aufhalten. Denn »Allianzdenken« schließt alle Ambivalenzen, Widersprüche und Unwägbarkeiten ein und gibt dem gesellschaftlichen Handeln eine neue Richtung.

  • von Mischa Suter
    28,00 €

    »Geld, so will es eine eingeschliffene Vorstellung, ist ein großer Gleichmacher, es bringt Ungleichartiges auf denselben Nenner, es ebnet ein, es fungiert als allgemeines Äquivalent.« Aber was geschieht, wenn wir Geld anders betrachten, nämlich als Medium von Konflikten? In seiner umfassenden Studie historisiert Mischa Suter die politischen Funktionen des Geldes und wirft Schlaglichter auf markante Konstellationen im Kapitalismus um 1900: auf den Diskurs um den Wucher in den 1870er-Jahren im Habsburger Reich und in Deutschland, der zum Katalysator für einen neuartigen politischen Antisemitismus wurde; auf die imperialen Auseinandersetzungen um die Einführung des Goldstandards Ende des 19. Jahrhunderts; auf die von Straßenprotesten begleitete Währungsstabilisierung in der großen Inflation nach dem Ersten Weltkrieg - und darauf, wie die Einführung einer Bargeldökonomie in den deutschen Kolonien die Grundlage für die rassistische Herrschaft stellte. Mischa Suter macht anschaulich, inwiefern in der Definition von Werten immer auch Fragen der Gesellschaftsordnung mitschwingen - und formuliert heute, da wir an der Schwelle zu einem neuen monetären Zeitalter stehen, dringende Fragen: War das Geld zu jeder Zeit neutral, einheitlich und fungibel? War es tatsächlich je das Mittel, das Werte transparent machen konnte?

  • von Frank Engster
    28,00 €

    Während allenthalben von den »Grenzen des Wachstums« gesprochen wird, löst sich das Geld zusehends von der Materie, es verschwindet aus unserer sinnlichen Erfahrung, scheint sich hinter unserem Rücken umso machtvoller auszudehnen und seine unheilvolle Logik noch bedingungsloser auszubauen. Kurz bevor der Prozess seiner Entmaterialisierung zum Abschluss gekommen ist, ergreifen Aldo Haesler, Frank Engster und Oliver Schlaudt die vielleicht letzte Gelegenheit, die Logik des Geldes offenzulegen. Ihre Leitfrage lautet: Worauf lassen wir uns eigentlich ein, wenn wir das Geld in die Hand nehmen? Geld, heißt es, macht Handel und Tausch flüssiger, erlaubt uns, unsere Schulden zu tilgen, den Wert zu bemessen und rationale Entscheidungen zu treffen, indem wir Kosten und Nutzen beziffern. Aber zu welchem Preis? Was verlangt es für seine Dienste? Wir glauben zu wissen, wofür wir das Geld benutzen - doch wozu benutzt das Geld uns? Wenn wir uns der Illusion hingeben, das Geld gratis für unsere Belange verwenden zu können, hat es uns längst seine Ökonomie, seine Welt und seine Vernunft untergeschoben. Man weiß, dass Geld ökonomisch keineswegs neutral ist, sondern die Wirtschaft vielmehr grundlegend verändert, etwa durch die Entstehung einer Finanzindustrie. Die Kleine Philosophie des Geldes im Augenblick seines Verschwindens zeigt, dass es auch metaphysisch nicht neutral ist.

  • von Judith Kasper
    22,00 €

    Die letzten Ähren, die nach der Ernte noch übrig waren, wurden bei der sogenannten Nachlese von denjenigen aufgesammelt, die über keinen Besitz verfügten. Dieser vormoderne Gewohnheitsbrauch stiftet Judith Kasper zu einer Spurensuche in gebückter Haltung an, in der sie sammelt und zusammenfügt, was andere haben fallen lassen: Die alttestamentarische Geschichte Ruts wird zum Anlass einer etymologischen Suche nach der Bedeutung des Wortes »leer«. Aus der harschen Verurteilung des Gewohnheitsrechts des Holzraffens nach der Französischen Revolution entwickelt sie eine genaue Lektüre eines bisher kaum besprochenen Kommentars von Karl Marx. Anhand von Balzacs unvollendetem Roman Die Bauern zeichnet Judith Kasper die Parzellierung der Landwirtschaft und die damit verbundene Kriminalisierung der Nachlese nach. In der französischen Malerei zeigen sich ihr die glaneuse genannten Ährensammlerinnen als beinahe revolutionäre Subjekte. Und in der Philologie des 19. Jahrhunderts wird klar: »Ährenlesen ist Ohrenlesen: mit den Ohren lesen«.Die Nachlese offenbart sich hier als eine politisch radikale und stets mehrdeutige Praxis, als ein poetischer Gegenentwurf zur christlichen Gabe, die immer auch einen Gebenden voraussetzt. In kurzen, längeren und kürzesten Texten kreist dieser Essay um die Notwendigkeit, immer ein klein wenig zurückzulassen, damit andere es auflesen können.

  • von Baptiste Morizot
    28,00 €

    Die Kinder unserer städtischen Gesellschaften können mehr als tausend Markenlogos erkennen, aber weniger als zehn Pflanzenblätter. Das ist nur eines von vielen Symptomen der von Baptiste Morizot statuierten »Krise der Sensibilität«. Diese Krise hat dramatische ökologische Folgen, wie Massenaussterben oder Klimawandel, um deren Überwindung die Politik sich vergeblich bemüht. Der blinde Fleck bei all den Bemühungen um Klimaziele und Artenrettung besteht darin, dass die aktuelle ökologische Krise nicht so sehr eine Krise der Menschen auf der einen Seite und der Lebewesen auf der anderen, sondern vielmehr eine Krise unserer Beziehungen zum Lebendigen ist. Denn in den anderen zehn Millionen Arten auf der Erde, unseren Verwandten, »nur Natur« zu sehen, also nicht Lebewesen, sondern Dinge, bloß verfügbare Ressourcen, ist eine Fiktion, deren Gewalt zu den ökologischen Katastrophen der Gegenwart beigetragen hat. Es gilt einen Kulturkampf über die Frage, was Leben eigentlich bedeutet, zu führen. Dafür begibt sich Morizot nicht nur ins Dickicht des wissenschaftlichen und philosophischen Diskurses, sondern auch tatsächlich in die Wälder, um die Spuren der Wölfe zu lesen. In seinem faszinierenden, zwischen Erzählung, Nature Writing und philosophischem Traktat changierenden Buch gelingt es ihm, den Blick für die vielfältigen Arten des Lebendigseins zu schärfen.

  • von Onur Erdur
    28,00 €

    In seiner Ideengeschichte in acht Porträts erschließt Onur Erdur eine neue Geografie des französischen Denkens, das die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts prägte: Die Theorien von Intellektuellen wie Michel Foucault, Jean-François Lyotard und Hélène Cixous wurden maßgeblich in Nordafrika oder in der Auseinandersetzung mit den französischen Kolonien geformt. Erdurs Spurensuche führt ihn nach Algier, wo der junge Soldat Pierre Bourdieu mitten im Algerienkrieg seinen Wehrdienst ableistet; ins Küstendörfchen Sidi Bou Saïd nördlich von Tunis, wo Michel Foucault zwischen Sonnenbaden, Strandspaziergängen und ritualisierter Körperkultur zu einer Haltung des philosophischen Hedonismus gelangt; oder nach Casablanca, wo sich Roland Barthes in einer Art Erleuchtung zu einem Romancier fantasiert - und zu Jacques Derrida, Hélène Cixous oder Jacques Rancière, die ihre algerische Herkunft philosophisch reflektieren.Onur Erdurs kenntnisreiche Perspektive taucht die französisch geprägte Postmoderne ins Licht der Sonne Nordafrikas. Ein halbes Jahrhundert nach der Veröffentlichung der Hauptwerke des Poststrukturalismus blickt Schule des Südens unter das Pflaster der französischen Akademie - darunter glänzt der Strand von Tunis.

  • von Otto Kallscheuer
    44,00 €

    Wahre Lehre und falsche Dokumente, heilige Kriege und diplomatische Kunst: Die katholische Kirche kennt die Abgründe der Politik; schließlich entstand sie aus messianischer Antipolitik. Wie aber konnte eine verfolgte Migrantensekte aus dem Nahen Osten zur größten Institution der Weltgeschichte werden? Warum ist das immer wieder gefährdete Papsttum heute die Verkörperung von Kontinuität? Der Philosoph und politische Theoretiker Otto Kallscheuer analysiert die Kirche als Corpus, erzählt von der Orthodoxie als Erfindung, vom Klerus als Rückgrat und von der Rettung des Katholizismus durch die Frauen. Er berichtet von den Päpsten als Kriegsherren und Friedensvermittler, als Feinde der Aufklärung und Befreier von weltlicher Ideologie - und von ihrer Verzweiflung angesichts der Weltkriege des Zwanzigsten Jahrhunderts. Seine Problemgeschichte des kirchlichen Rom bringt auch die spirituelle Grammatik des Westens zum Vorschein. Längst verlagert sich der Schwerpunkt der katholischen Christenheit in den globalen Süden. Gelingt es heute einem lateinamerikanischen Papst, in den neuen-alten Weltkonflikten, gegenüber dem Haß aktueller Volks- und Religionskriege zum Friedensstifter zu werden?Papst und Zeit liefert die historischen und politischen Hintergründe zu den aktuellen Debatten in der katholischen Kirche - auch zu Zerreißproben im Vatikan. Um das Papsttum zu begreifen, braucht es Weltgeschichte und Theologie.

  • von Nastassja Martin
    28,00 €

    Nach ihrer sehr persönlichen Erzählung An das Wilde glauben führt auch Nastassja Martins neues Buch wieder nach Kamtschatka, wo die Lesenden auf alte Bekannte stoßen: die Even. Doch in Im Osten der Träume reflektiert die Anthropologin nun die ganze Geschichte ihrer Zeit mit den Even. Nach ihrer Feldforschung bei den Gwich'in in Alaska erscheint es Martin notwendig, sich auf die andere Seite der Beringstraße und des ehemaligen Eisernen Vorhangs zu begeben. In Kamtschatka lernt sie ein Even-Kollektiv kennen, das in der Sowjetunion gezwungen war, in Kolchosen sesshaft zu werden, und nach dem Zusammenbruch des Regimes beschloss, in den Wald zurückzukehren, um eine autonome Lebensweise neu zu erfinden. Diese beruht auf Fischfang, Jagd und Sammeln: ganz untypisch für die Even, die ursprünglich kleinere Rentierherden hüteten. Nastassja Martin begleitet sie und beschreibt, wie das Kollektiv den Dialog mit den Tieren und den Elementen wieder aufnimmt, wobei Träume eine essenzielle Rolle spielen. Mit ihrem neuen Alltag reagiert diese Gruppe auf die jahrzehntelangen Verheerungen, die eine koloniale Machtpolitik ihr zugefügt hat. Und zugleich versucht sie, eine Antwort auf die Herausforderungen der Gegenwart zu finden, während in unmittelbarer Nachbarschaft die Zeitbombe einer bevorstehenden Naturkatastrophe in Gestalt eines zügellosen Nickel-Extraktivismus längst zu ticken begonnen hat.

  • von Jane Bennett
    14,00 €

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