Über Bunte Scherben
Der Schriftsteller sucht für ein Buch nach der Seele, der Bibliothekar und Clara folgen ihm auf ihre jeweils eigene Weise.
Der Bibliothekar: ¿Meine Seele, wohnt sie nicht in der Leere zwischen den Wörtern?¿, hat er zu einer der Wände gesagt. Und sich gewundert, wie die Fülle geradewegs aus dem Nichts zu kommen scheint, wie sie nicht zu spüren ist in der Besprechung mit den Kollegen, nicht in der Mittagspause, auch nicht im Trubel des Weihnachtsmarkts in der Stadt ¿ es sei denn vielleicht, man schaut in die Wunderkerzen, deren sprühende Funken alle Dinge zu einem Hintergrund machen ¿ und auch hier sind es nicht die Funken selbst, sondern die Leere, die plötzlich zwischen ihnen hervorlugt, wo eben all die Dinge noch waren.
Clara: Ein Buch über die Seele! Natürlich gibt es auch Bücher über Bäume. Aber die bezweifeln den Wald nicht. Wenn der Mann über Bäume schriebe, was bliebe am Ende davon? Wenns hoch kommt, Sperrholz.
Vielleicht ist es nur die Frage, ob das Wort ,Seele¿ denn einen Sinn macht, nicht ob es so etwas wie einen Schmetterling oder einen verborgenen See noch zu entdecken gäbe, zwischen all den anderen Dingen. Vielleicht stellt sich die Frage nicht einem Lexikon und dem Mann, der in ihm blättert auf der Suche nach einer allgemeingültigen Wahrheit, sondern jedem Menschen für sich, immer neu, in jeder Sekunde: Hat mein Leben denn Seele an diesem lichtdurchfluteten Tag, auf der Schaukel am Rande der Siedlung, am Buchenwald, wo der Blick in die Berge geht und ins Wolkengebirge darüber?
Der Schriftsteller wälzt Lexika und beschäftigt sich mit den Tiefen und Untiefen der Wissenschaft. Fündig aber wird er in der Musik ¿ und in Geschichten.
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