Über KONSTANTINOPEL ¿ SAMOS ¿ BERLIN
Die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg waren im östlichen Mittelmeerraum von
politischen Umwälzungen und Unsicherheiten geprägt. In diese Zeit (1910¿1914) fiel
die Grabung der Königlichen Museen zu Berlin auf der Insel Samos, die bis zu ihrem
Anschluss an das Königreich Griechenland 1912 ein teilautonomes Fürstentum unter
osmanischer Oberhoheit war. Das Osmanische Reich erlebte eine Phase militärischer
Rückschläge und wirtschaftlicher Schwäche, die nach dem Weltkrieg zu seinem Zerfall
und zur Ausrufung der türkischen Republik führen sollten. 1913¿1914 verhandelte
Deutschland mit der Hohen Pforte über die Verpfändung von Antiken des
Archäologischen Museums von Konstantinopel/Istanbul, mit dem Ziel der dauerhaften
Inbesitznahme seitens der Berliner Museen. Das Projekt scheiterte, nicht zuletzt
wegen des Kriegsbeginns. Die vorliegenden Beiträge setzen sich kritisch mit der
Rolle der Protagonisten auf deutscher Seite auseinander, die in beide
Angelegenheiten federführend involviert waren: Theodor Wiegand (1864¿1936),
Abteilungsdirektor der Königlichen Museen zu Berlin, und Martin Schede (1883¿1947).
Sie enthüllen dabei nicht nur die teils illegale Ausfuhr archäologischer Funde der
Samos-Grabung, die sich bis heute in der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu
Berlin befinden, sondern demonstrieren darüber hinaus die Machtbeziehungen zwischen
den beteiligten Akteuren vor dem Hintergrund politischer Instabilität.
Eindringlichen Aufschluss geben die Quellen zudem über die persönliche Haltung der
Beteiligten auf deutscher Seite, die von der vermeintlichen eigenen Überlegenheit
geprägt war.
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