Über Lawinengespür
Es gibt zwei Arten, auf das Heranrollen einer Lawine zu reagieren: die einen erstarren, die anderen ergreifen die Flucht.
Umgeben von schlecht laufenden Berghotels und ordentlich bepflanzten Vorgärten wachsen die Halbgeschwister Nora und
Leo in einem bayerischen Dorf auf. An den zu guten Tagen löst Nora der Mutter Schmerztabletten in Wellnesswasser mit
Pfirsichgeschmack auf, wischt Wimperntusche aus ihrem Gesicht. Leo zertrümmert Fenster und Erwartungen, dealt auf
dem Schulhof. Als ihr Elternhaus in Flammen aufgeht, verschwindet Leo spurlos. Zehn Jahre später steht Nora in Berlin als
junge Geologin kurz vor ihrem Durchbruch. Sie weiß nicht, dass Leo sich nahe Moskau eine prekäre Existenz aufgebaut hat:
Mit den europäischen Sanktionen nach der Krim-Annexion und der Zuspitzung im Donbass floriert der Schwarzmarkt,
Leo treibt per Anhalter durchs Land und schmuggelt westliche Waren. Während seine Schwester versucht, alles unter Kontrolle
zu behalten, hat Leo alle Bindungen gekappt, lebt ein freies, schutzloses Leben. Doch beide eint ein besonderes Talent: die
Vorahnung von Katastrophen, ihr »Lawinengespür«. Und so nehmen beide das beginnende Beben wahr - ein Unheil naht.
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