Über Pfingsten in der modernen Kunst
Pfingsten ist das Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes. Aus ängstlich verschüchterten Menschen werden
mutige und entschiedene Verkünder des Glaubens an Jesus Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen.
Diese Botschaft, die so gar nicht in den religiösen Kontext der alten Zeit passt, schafft sich Bahn. - Hält sich nicht
das Unangepasste durch bis in die Gegenwart? - Ihre Initialzündung ist kein menschlicher Kraftakt. Sie verdankt
sich dem Heiligen Geist, seinem Wehen und Stürmen.
Vom Heiligen Geist weiß die Schrift, dass er nicht zu greifen ist, dass er weht, wo und wie er will. Mal hier, mal dort,
mal nicht. Wind und Sturm sind seine ältesten Metaphern und das Feuer, das wie Zungen flammt. Er ist nicht greifbar.
Er entzieht sich und ist doch da. Selbst das theriomorphe Zeichen der Taube, unter dem der Geist sichtbar wird, ist ein
Wesen des Fluges und damit des Himmels und der Winde.
Wie haben sich die Künstlerinnen und Künstler diesem Thema der Unfassbarkeit gestellt? Das Bild will ja zeigen,
selbst da, wo es abstrakt und bewusst die Gegenständlichkeit meidet. Wie zeigt ein Bild, was nicht zu zeigen ist? Wie
lässt es sich ein auf den, der weht, wo und wann und wie er will?
In zwanzig eindrucksvollen Bildern von Emil Nolde über Anselm Kiefer bis zu Theresia Schüllner nähert sich Kurt-
Peter Gertz den Spuren, die Pfingsten und somit der Heilige Geist in der Malerei der Moderne hinterlassen hat.
Höchst unterschiedliche malerische Zugänge bieten sich dar in Komposition und Ausdruckssprache. Über die
große Zeitspanne des letzten Jahrhunderts bis in die Gegenwart wählt Kurt-Peter Gertz Darstellungen aus, die einen
faszinierenden Reichtum der künstlerischen Annäherung an das Pfingstereignis zeigen.
Die beigefügten Texte erschließen auf behutsame Weise den unterschiedlichen Charakter der Bilder. Kurze biographische
Notizen vergegenwärtigen die Künstler und lassen sie selbst zu Wort kommen, was sie mit ihrer Kunst wollen,
was sie beschäftigt und bewegt. Darauf aufbauend erschließt Kurt-Peter Gertz behutsam den ikonographischen Gehalt
der Bilder, um eine möglichst werknahe Deutung zu erreichen.
Den gezeigten Werken ordnet er lyrische Texte zu, die seine Annäherung an das Gezeigte weiten. Das lyrische Wort
bleibt offen und lässt der Malerei das letzte Wort, das nicht mehr auszusprechen ist.
© Domkapitular Prälat Josef Sauerborn
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