Über Schwierigkeiten mit der Wahrheit
Fast 60 Jahre nach der Botschaftsoffenbarung zeugen Aufzeichnungen, Dokumente, Bücher, Filme und Zeitzeugen von der Vergangenheit der Neuapostolischen Kirche und ihren Auswirkungen bis in die Gegenwart. Manche Gläubigen fragen, warum man die Vergangenheit nicht einfach ruhen lassen kann. Dazu wäre zu sagen, dass auch die Kirche auf die Gnade Gottes vertrauen kann. Dieser Hinweis kann aber nicht bedeuten, sich aus der Eigenverantwortung zu stehlen und so zu tun, als gäbe es keine Vergangenheit. Wer das fordert, fürchtet sich vor der Wahrheit, denn ihr Geist durchweht und beeinflusst unser gegenwärtiges Handeln.
Aus meiner Sicht ist eine der entscheidenden Negativauswirkungen geschlossener Denksysteme dadurch gegeben, dass die Fähigkeit, Ambivalenzen auszuhalten, nicht mehr besteht. Ambivalenzen, die auch zu einer konstruktiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben führen müssten. Vieles erkennen wir nur, weil wir die Parallelen und deren erschreckende Auswirkungen in der Vergangenheit kennen. Das verleiht der Bedeutung einer kritischen Betrachtung des Selbstverständnisses der Kirche in der Gegenwart Authentizität. Die von Ämtern und Gläubigen der NAK oft beklagte, fehlende Kritikfähigkeit unterstreicht das. Der Mangel an Konfliktbereitschaft, Gesprächskultur und selbst verliehener Exklusivität ist noch immer evident. Das führt häufig dazu, dass eine sukzessive Entwicklung der NAK zur versöhnten Verschiedenheit in der Ökumene oft, oder sogar nur, durch Gläubige bewirkt wird, die unreflektiertes Reden und Handeln der Ämter kritisch hinterfragen. Dieses Buch soll den Diskurs anregen, um die NAK auf diesem Weg konstruktiv zu begleiten.
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