Über Solidarität im Verfassungsstaat
Der Begriff der Solidarität ist in der politischen wie juristischen Diskussion bis zur inhaltlichen Unkenntlichkeit und beliebigen Funktionalisierbarkeit ausgelaugt. Vor diesem Hintergrund verfolgt die Arbeit das Ziel, den Begriff als juristischen im verfassungsrechtlichen, staatstheoretischen und sozialrechtlichen Kontext zu erschließen, präzisieren und etablieren.
Mit der Frage nach der Solidargemeinschaft werden unvermeidlich die Grenzen des rationalistischen Weltbildes und einer individualistisch zentrierten Rechtsordnung aufgeworfen. Ziel ist es insoweit nicht, Rationalismus und Individualismus zu überwinden, wohl aber Grenzen ihrer Wirksamkeit aufzuzeigen, die um der Humanität der menschlichen Lebensverhältnisse respektiert werden müssen.
Da der Mensch ¿aus krummem Holz¿ gemacht ist (Immanuel Kant), gilt es mit den zivilisatorischen Errungenschaften der europäischen Neuzeit ¿ Rationalismus und Individualismus ¿ um des Menschen willen maßvoll umzugehen. Um nicht in die Tyrannei eines unmenschlichen Rationalismus und in das Chaos eines maßlosen Individualismus abzugleiten, bedarf es eines ¿Abschieds vom Prinzipiellen¿ (Odo Marquardt). Deshalb muss rationales Handeln darauf verzichten, ¿krummes Holz¿ geradezubiegen. Vielmehr muss es die lebensweltliche Wahrheit und das humane Recht auch des rational nicht Verstehbaren respektieren. Das ist Solidarität.
2., durchgesehene Auflage
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