Über Solidarität
Das Phänomen der Solidarität liegt wie ein erratischer Block in der moralischen Landschaft der Moderne - aus dem Alltag wohlbekannt, gleichwohl ein Fremdkörper, durch seinen Umfang und sein Gewicht unübersehbar, aber sperrig. Die Geologen dieser Landschaft - die Moralphilosophen der Moderne - haben es bisweilen als eine Selbstverständlichkeit vorausgesetzt, meist aber sind sie ihm einfach aus dem Weg gegangen. Dies hat nicht verhindert, daß der Begriff der Solidarität im politischen Alltag gern und häufig gebraucht wird. Sein ungeklärter theoretischer Status hat diese Beliebtheit möglicherweise gefördert: Je unklarer seine Voraussetzungen und Implikationen sind, desto unbeschwerter scheint er benutzt zu werden. Der Appell an die Solidarität konnte auf diese Weise - ebenso übrigens wie die Klage über ihr Verschwinden - zu einem rituellen Sprachspiel werden, bei dem kaum jemand abseits stehen möchte.Die Beiträge dieses Bandes untersuchen Begriff und Problem der Solidarität aus der Perspektive verschiedener Wissenschaften, darunter Philosophie, Soziologie, Geschichts- und Rechtswissenschaft, Psychologie und Biologie.
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