Über Teeschale und Stacheldraht
Du willst keine Notausgänge in deiner
Welt und hast sie einfach alle zugenäht.
Alle Schienen, alle Klippen, alle Henkersknoten,
alle Klingen. Grenzgängertum
ist illegal, Freitod asozial geworden. Alle
bleiben bis zum Schluss. Müssen bleiben.
Du willst, dass wir alle zusehen, dich bewundern,
erkennen, was du geschaffen
hast, du willst bestimmen, wer, wann,
wo und wie geht, so wie du all jenen den
Mund zunähst, die dir widersprechen, mit
Stacheldraht, der durch eine eiserne Nadel
gefädelt und um einen Knäuel der Unterdrückung
gewickelt wurde, dass du immer
hinter dir herschleppst. Und wenn du mit
dem Nähen fertig bist, dann stichst du mit
der Nadel in die Erde, deine Erde, die nur
dir und niemanden sonst gehört. Wie ein
Fahnenmast steht die Nadel in deiner Erde
und der Stacheldraht weht patriotisch über
deinem Land. Keiner darf es betreten, den
du nicht duldest, weil es dir gehört, dir
ganz allein, und du nähst auch die Erde
zu, mit Stacheldraht, du nähst Zäune um
deine Erde, damit du kontrollieren kannst,
wer reindarf und wer raus muss. Und wem
das nicht gefällt, dem nähst du die Augen
zu, damit er wegsehen muss, wenn er
nicht wegsehen will. Und mir nähst du den
Mund zu, damit ich nicht sprechen kann,
und andere nicht aufstacheln kann, dir
den Faden endlich wegzunehmen, um die
sinnlosen Stacheldrähte endlich aus Erde
und Mensch herauszureißen.
Mehr anzeigen