Über «Und vor allem Köpfe, jüdische Köpfe»
In Zürich kannte man ihn als omni präsenten Pressezeichner; über drei Jahrzehnte hinweg begleitete er das kulturelle und politische Leben der Stadt. Eine schmale, unauffällige Erscheinung, meist mit Basken- oder Schiebermütze auf dem Kopf, saß er abseits in einem Beobachterwinkel, auf seinen Knien ein kleines Zeichenbrett, den Stift in der Hand. Doch er war mehr als die Randfigur, als der er bei diesen Gelegenheiten erschien.
Wladimir Sagalowitz (1898-1969), genannt Sagal, war im belarussischen Witebsk zur Welt gekommen. Schon bald zog es seine Eltern nach Westen; vor dem Ersten Weltkrieg lebten sie in Wiesbaden, in den 1920er Jahren in Paris. Dort erfuhr auch ihr Sohn Wladimir seine künstlerischen Prägungen. Die Nationalsozialisten machen aus ihm allerdings einen Flüchtling; auf dramatische Weise fand er schließlich Rettung in der Schweiz. Dort entfaltete er eine vielfältige künstlerische Tätigkeit, in der die Arbeit für die Presse nur den brotberuflichen Aspekt ausmachte. Daneben war er auch als Maler und Grafiker aktiv - als Radierer darf er als ein Meister gelten. Gleiches trifft auch auf den Porträtisten zu, der Sagal im besonderen Sinne war. Seine Auffassungs gabe war rasch und psychologisch tief gründend, sein Zeichenstift nicht minder. So viele Prominente er dabei auch festhielt - seine Liebe galt den «jüdischen Köpfen», jenen schicksalsvollen Gesichtern, die wie kaum andere das Signum des 20. Jahrhunderts tragen. Im Buch enthalten sind Abbildungen von Ernest Bloch, Marc Chagall, Hermann Kesten, Molly Picon, Alfred Polgar und anderen. Den 44 Porträts wird jeweils ein biografischer Text gegenübergestellt, der verrät, in
welchem Kontext Sagals Zeichnung entstanden ist.
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