Über Untersuchungen über das Nibelungenlied
"Man mag das Nibelungenlied vom historischen und philologischen oder auch vom ästhetischen Standpunkt aus betrachten, immer wird es vor allem darauf ankommen, welchen der verschiedenen Texte man zu Grunde legt. Wenn in dem einen Text nicht nur die Sprache gewandter und abgerundeter und der Versbau reiner ist, als in dem andern, sondern auch psychologische Motive durchgeführt sind, die in dem andern nicht hervortreten oder gar von entgegengesetzten durchschnitten werden, so wird das Urteil über den poetischen Wert der Dichtung ganz verschieden ausfallen, je nachdem man von dem einen oder von dem andern ausgeht. Wenn ferner der eine Text deutliche historische und geographische Beziehungen enthält, die im andern fehlen oder verworren erscheinen, und wenn die Sprache des einen Textes Eigentümlichkeiten und vielleicht Altertümlichkeiten zeigt, die im andern nicht zu finden sind, so wird sich die Ansicht über die Heimat und das Alter des Gedichts danach verschieden gestalten. Wenn endlich in dem einen Text der Inhalt sich an verschiedenen Stellen zu widersprechen scheint, im andern aber eine grössere Übereinstimmung , eine planmässigere Durchführung bemerklich ist, so wird die Ansicht über die Art der Entstehung und die ursprüngliche Gestalt des Werkes ganz davon abhängig sein, ob man den einen oder den andern Text für den älteren und echteren hält. Es ist daher vor allen Dingen und vor jeder sonstigen Untersuchung über das Nibelungenlied nötig, das Verhältnis der Handschriften untereinander zu bestimmen und zu wissen, welcher der verschiedenen überlieferten Texte der älteste ist." [...]
Das Nibelungenlied ist ein mittelalterliches Heldenepos. Der deutsche Germanist und Indologe Adolf Holtzmann legt hier seine Untersuchungen über dieses deutsche National-Epos vor.
Dieses Buch ist ein unveränderter Nachdruck der Originalausgabe von 1854.
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