Über Die Reden des Oasenmanns
Die Reden des Oasenmanns beinhalten die poetische Neubearbeitung
eines altägyptischen Literaturwerks aus dem 2. Jahrtausend v. Chr., das
in der Fachliteratur unter dem Titel »Die Klagen des Bauern« bekannt
ist. Erstmals wird dieser Text hier vollständig rekonstruiert und für
eine moderne Leserschaft nicht nur wieder lesbar, sondern auch hörbar
und sprechbar gemacht.
Ein einfacher Oasenbewohner wird auf dem Weg in die Hauptstadt
durch die fadenscheinige List eines Gutsverwalters, an dessen Landgut
er vorbeiziehen muss, all seiner Esel und Handelswaren beraubt. In
seiner Verzweiflung wendet er sich an einen führenden Staatsbeamten,
um dessen rechtlichen Beistand in dieser Angelegenheit zu erflehen.
An das Pflichtbewusstsein des hohen Beamten appellierend entstehen
neun Reden, in denen der Oasenmann das Wesen von Wahrheit und
Gerechtigkeit mit den Mitteln der poetisch verdichteten Rede näher
erfasst und bestimmt. Der König erkennt sofort die Wichtigkeit dieser
vom Oasenmann gehaltenen Reden für sein eigenes Wohlergehen und
damit für die Erneuerung des durch ihn repräsentierten und verkörperten
Staatswesens. Deshalb ordnet er an, jedes dieser Worte heimlich
mitzuschreiben und schriftlich festzuhalten.
Die Reden des Oasenmanns markieren eine Schwelle, an der sich
mündliches Erzählen in ein schriftliches Erzählen zu verwandeln beginnt
und erstmals Literatur entsteht. Gleich am Beginn dieser Entwicklung
zeigt die Literatur hier schlaglichtartig ihre den gesellschaftlichen
Diskurs grundlegende Kraft.
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