Über Jargon der Weltoffenheit
Eine politische Linke gibt es nicht mehr. Als historisch eigenständige Kraft ist sie längst verschwunden. Wer sich heute »links« nennt, kündigt lediglich an, noch hartnäckiger zu fordern, was alle anderen auch schon fordern. Weder mit dem Weltrettungsanspruch der »68er« ließ sich Politik machen, noch mit der alarmistischen Rede von der »gefährdeten Demokratie«. Geblieben ist nur der »dritte Jargon«, der uns unablässig auf »Selbstverwirklichung«, »Authentizität«, »Emanzipation«, »Gleichberechtigung« und »Vielfalt« einschwört.
Alles erscheint greifbar
Die wohlklingenden Losungen leiten uns in ein Dasein ohne Herkunft, Heimat, Nachkommenschaft und Transzendenz. Hier verkommen sie zu bloßen Verkehrsregeln. Sie verhindern eben das, was sie versprechen: Begegnung, Entschiedenheit, Verwirklichung, Individualität, Welthaltigkeit, Anwesenheit, Gemeinsamkeit. Dieser »Jargon der Weltoffenheit« führt nicht zum Anderen, sondern ins Nichts. Er hält uns in einem Zustand der Vorläufigkeit gefangen: Alles erscheint greifbar, nichts ist erreichbar.
Gleitflug in die Indifferenz
Der dritte Jargon genügt sich selbst. Die Anpreisung westlicher Wertideen wie »Entgrenzung«, »Chancengleichheit« oder »Toleranz« befreit den Menschen nicht; vielmehr raubt sie ihm die soziale Dimension des Lebens. Am Ende ist das marktkonforme Individuum gezwungen, sich selbst zu verwerten. Auf daß keiner mehr die anderen diskriminiere, sollen nur noch meßbare Leistungen ausgetauscht werden. Diese Ökonomisierung des Lebens ist ein Fortschritt ins Leere, ein Gleitflug in die Indifferenz ... - Eindringlich warnt Frank Böckelmann vor der auszehrenden Monotonie des westlichen Diskurses.
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