Über Macht und Form
Nietzsches Philosophie wurde allzu oft als Ausdruck eines übertriebenen
Individualismus oder als Ergebnis einer Ästhetisierung des Lebens
angesehen. Im Gegenteil, zeigt dieses Buch, wie Nietzsches philosophische
Arbeit gerade als Kritik des modernen Individualismus und
der Ästhetisierung des Lebens verstanden werden kann. Seine Philosophie
wird nämlich als extremes Ergebnis der Neuzeit verstanden,
insofern sie einerseits das Prinzip der Autonomie und der individuellen
Freiheit radikalisiert und andererseits die schärfste Kritik sowohl
am modernen Subjektivismus als auch an dessen falscher Überwindung
durch die Kunst des kreativen Genies ausübt. Im Zentrum des
Buches stehen die entscheidenden Jahre der Auseinandersetzung mit
Wagner: In dieser Zeit lassen sich nämlich die wesentlichen Motive
für das spätere Projekt einer Umwertung aller Werte bereits feststellen.
Die Kritik des klassizistischen Bildungsideals, des romantischen
Geniebegriffs, der künstlerisch-politischen Avantgarde Wagners werden
als verschiedene Momente eines philosophischen Werdegangs
verstanden, der durch die Dekonstruktion der modernen Kunst- und
Künstlerideologie das gesamte Projekt der modernen Emanzipation in
Frage stellt und jene Widersprüche und Aporien des modernen Universalismus
ans Licht bringt, mit denen wir uns noch heute auseinandersetzen
müssen.
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