Über Panik in Odessa
Voll sind die langen Züge zwischen Kiew und Odessa. Unterwegs ist das Heer des Zaren – der Nachschub für den Türkenkrieg auf dem Balkan und an der Donau. In einer Nacht im Herbst 1887 sind an einen der langen Transportzüge auch Wagen für Zivilreisende angehängt. Unter den Passagieren herrscht Aufregung: Eine junge Frau wird im Abteil eines reichen Kaufmanns überrascht, der offensichtlich ermordet wurde. Für die Mitreisenden der ersten Klasse, General Schischko und Fürst Duchowski, ist der Fall mit der Verhaftung geklärt. Dass alle Papiere des Toten verschwunden sind, scheint nebensächlich. Doch in Odessa ermittelt der Deutsche Paul vom Winde im Auftrag der Krone weiter. Schon lange ist er auf der Spur der dubiosen Kriegslieferantenfirma des Toten Ruben und seiner Kompagnons Wainstein und Chammeles. Gerade ist wieder eine Lieferung Schlachtvieh für die Truppen des Zaren verschwunden. Als Paul sich auch noch auf die Suche nach dem ominösen roten Buch von Ruben macht, das unter den verschwundenen Papieren war, bricht in Odessas Geheimkabinetten Panik aus. Hat nicht jeder Geschäfte mit Ruben, Wainstein und Co gemacht? Trotz der Warnung der klugen Generalstochter Nadeschda Schischko lässt Paul nicht locker. Aber im zaristischen Russland gehen die Uhren anders ...
Rudolph Heinrich Stratz (1864–1936) war ein deutscher Schriftsteller, der zahlreiche Theaterstücke, Erzählungen und vor allem Duzende Romane verfasst hat. Stratz verbrachte seine Kindheit und Jugend in Heidelberg, wo er auch das Gymnasium besuchte. An den Universitäten Leipzig, Berlin, Heidelberg und Göttingen studierte er Geschichte. 1883 trat er in das Militär ein und wurde Leutnant beim Leibgarde-Regiment in Darmstadt. 1886 quittierte er den Militärdienst, um sein Studium in Heidelberg abschließen zu können. Zwischendurch unternahm er größere Reisen, z. B. 1887 nach Äquatorialafrika. Mit dem 1888 und 1889 erschienenen zweibändigen Werk "Die Revolutionen der Jahre 1848 und 1849 in Europa" versuchte der Vierundzwanzigjährige erfolglos, ohne formales Studium und mündliches Examen zu promovieren. 1890 ließ er sich in Kleinmachnow bei Berlin nieder und begann, Schauspiele, Novellen und Romane zu schreiben. Von 1891 bis 1893 war er Theaterkritiker bei der "Neuen Preußischen Zeitung". Von 1890 bis 1900 verbrachte er wieder viel Zeit im Heidelberger Raum, vor allem im heutigen Stadtteil Ziegelhausen. Ab 1904 übersiedelte er auf sein Gut Lambelhof in Bernau am Chiemsee, wo er bis zu seinem Tod lebte. 1906 heiratete er die promovierte Historikerin Annie Mittelstaedt. Während des Ersten Weltkrieges war er Mitarbeiter im Kriegspresseamt der Obersten Heeresleitung. Bereits 1891 hatte er sich mit dem Theaterstück "Der Blaue Brief" als Schriftsteller durchgesetzt. Doch vor allem mit seinen zahlreichen Romanen und Novellen hatte Stratz großen Erfolg: Die Auflagenzahl von "Friede auf Erden" lag 1921 bei 230 000, die von "Lieb Vaterland" bei 362 000. Ebenso der 1913 erschienene Spionageroman "Seine englische Frau" und viele weitere Werke waren sehr erfolgreich. 1917 schrieb er unter Verwendung seines 1910 erschienenen zweibändigen Werkes "Die Faust des Riesen" die Vorlage für den zweiteiligen gleichnamigen Film von Rudolf Biebrach. Friedrich Wilhelm Murnau drehte 1921 nach Stratz‘ gleichnamigem mystischen Kriminalroman den Spielfilm "Schloß Vogelöd". Den 1928 als "Paradies im Schnee" erschienenen Roman schrieb Stratz 1922 nach Aufforderung von Ernst Lubitsch und Paul Davidson als Vorlage für den 1923 unter der Regie von Georg Jacoby realisierten gleichnamigen Film. 1925 und 1926 erschienen seine Lebenserinnerungen in zwei Bänden. Zwischenzeitlich weitgehend in Vergessenheit geraten, wird das Werk von Rudolph Stratz nun wiederentdeckt.
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