Über Zwischen den Kriegen
Das Neue Polen wurde 1919 in Versailles gegründet. Es war politischer und militärischer Hauptbündnispartner Frankreichs. 1921, vor hundert Jahren, endete der Polnisch-Sowjetische Krieg mit dem Friedensvertrag von Riga. Polen erweiterte sein Territorium im Osten erheblich. Diese Gebiete wurden im geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Paktes von 1939 wieder der Sowjetunion zugeschrieben, und im Potsdamer Abkommen 1945 wurde die Rückgabe besiegelt. Als sich Polen 1938 an Hitlers Politik und Aggression gegen die Tschechoslowakei beteiligte, wurde der Staat im Westen als faktischer Verbündeter Nazideutschlands betrachtet. Und wurde doch dessen Opfer. Kein Land Europas verlor im 2. Weltkrieg prozentual von seiner Bevölkerung so viele Menschen wie Polen. In der Zeit zwischen Erstem und Zweiten Weltkrieg liegen Gründe und Erklärungen, weshalb das heutige Polen so ist wie es ist: nationalistisch, anti-russisch, chauvinistisch gegenüber slawischen Völkern, renitent und reaktionär in der EU. Und weshalb es in der Ukraine Bürgerkrieg gibt, in Belorussland brodelt und im Baltikum die Angst vor Russland umgeht. Polens Politik in den 20er und 30er Jahren, insbesondere Warschaus Außenpolitik, führte in eine nationale Katastrophe. Darüber wurde weder in Polen noch in der DDR gesprochen und geschrieben, im Westen interessierte das Thema nicht: Polen gehörte zum Ostblock. Der Historiker Holger Michael untersucht die Außenpolitik Polens insbesondere zu Russland, zu Frankreich und zu Deutschland und bietet eine populärwissenschaftliche Analyse eines wichtigen Kapitels polnischer und europäischer Geschichte, ein Kapitel, das in Politik und Publizistik des heutigen Polen verherrlicht und verfälscht dargestellt wird. Der profunde Kenner polnischer Geschichte bietet Fakten und Zusammenhänge, wie sie entweder nicht bekannt oder aus der kollektiven Erinnerung verschwunden sind. Michael macht sichtbar, warum Polen im heutigen Europa so auftritt, wie es eben handelt.
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